Raus aus der Kohle“ gilt vielen als umwelt- und klimapolitischer Imperativ: Im Rahmen einer Energiewende, einem Ausstieg aus den fossilen Energiequellen Kohle, Öl und Gas zur Senkung der weltweiten Emissionen von Treibhausgasen, müsste vor allem die Nutzung von Kohle reduziert werden – der „schmutzigsten“ aller drei. In jeder Hinsicht: Selbst modernste Kohlekraftwerke emittieren etwa doppelt so viel Kohlendioxid pro Kilowattstunde wie Gaskraftwerke, und ihr Sündenregister umfasst nach wie vor auch Emissionen von Schwefel- und Stickoxiden, Feinstaub und Quecksilber, um nur die wichtigsten zu nennen.
Tatsächlich dürfte das Gegenteil bevorstehen. Die Gründe liegen auf der Hand. Erstens ist die Konkurrenz um Öl- und Gasressourcen bereits heute Hauptursache internationaler Spannungen. Aus Sicht der „Platzhirsche“ im Norden bedroht der rasch wachsende Energiebedarf im Süden „ihre“ Versorgungssicherheit. Zweitens verfügen jedoch die größten zukünftigen Energieverbraucher, China und Indien, ebenso über reichliche Kohlevorkommen wie der heutige Energieverschwender Nr. 1, die USA. Ein geopolitischer Glücksfall: Die verstärkte Nutzung von Kohle kann einen entscheidenden Beitrag sowohl zur Sicherheit der Energieversorgung als auch der Vermeidung einer kriegerischen Eskalation von Ressourcenkonflikten leisten und wird ihn wohl leisten müssen.
Damit hätte man zwar die Pest vermieden, sich aber die Cholera eingehandelt: die Effekte eines über Jahrzehnte wachsenden Kohleverbrauchs auf das Klima – und der ist auch dann vorprogrammiert, wenn es den reichen Ländern gelänge, ihren Kohleverbrauch drastisch zu reduzieren: China und Indien werden dafür sorgen. Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma scheint darin zu bestehen, die CO2-Emissionen insbesondere aus Kohlekraftwerken abzuscheiden und den Kohlenstoff in geologischen Speichern zu „sequestrieren“, wie es im Fachjargon heißt. Wenn diese Thema-Seiten dazu beitragen, Interesse zu wecken und die Brisanz dieser Fragen aufzuzeigen, haben sie ihren Zweck erfüllt.