Thomas Schmidinger, Dunja Larise (Hg.)
Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, Wien 2009, € 20,50
Wer glaubt, schon alles über den (politischen) Islam zu wissen oder einfach nichts mehr darüber hören will oder kann und deshalb dem Buch von Schmidinger und Larise keine Chance gibt, verpasst Einiges. Es geht weder um Kopftuch-Debatten noch um Terroristen. Das Anliegen der AutorInnen ist es, ein möglichst differenziertes Bild über Muslime und Musliminnen bzw. „den Islam“ zu zeichnen. Vielfalt und Widersprüchlichkeiten innerhalb des Islam sollen sichtbar gemacht werden.
Dieses Handbuch verwehrt sich gegen Ressentiments und die Überbetonung des Religiösen und weist darauf hin, dass es sich oft weniger um kulturelle oder religiöse Probleme handelt als vielmehr um soziale und ökonomische, was aber im derzeitigen Diskurs bewusst ausgeklammert wird.
Nach einer Einleitung der HerausgeberInnen erhält man zu Beginn einen guten Überblick über die Geschichte des Islam in Österreich, welche – wider Erwarten – einige Jahrhunderte zurückreicht. In den folgenden Kapiteln werden muslimische Gemeinschaften – nach ihrem jeweiligen Migrationshintergrund eingeteilt – vorgestellt. Ein spezieller Fokus wird zudem auf die offizielle Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGiÖ) gelegt, die dabei einiges an Kritik abbekommt.
Den an sich selbst gestellten hohen Ansprüchen werden die AutorInnen auf jeden Fall gerecht. Insgesamt enthält das Werk nicht nur viele interessante Informationen, sondern kann – selbst für LeserInnen, die die Meinung der HerausgeberInnen nicht teilen – sowohl als Grundlage für Diskussionen als auch für wissenschaftliche Arbeiten dienen. In Zeiten, in denen das Thema Islam so extrem politisch aufgeladen ist, ist es nicht leicht, ein Buch zu gestalten, welches nicht Stereotypen und platte Klischees verbreitet. In diesem Fall ist es jedoch gelungen.