Zwei Flüsse – ein Leben

Von Magdalena Jetschgo · · 2011/05

Donau und Damodar: Eine Begegnung von Adivasis und OberösterreicherInnen im Mühlviertel.

Es gibt viele Flüsse, aber nur ein Wasser, es gibt viele Menschen, aber nur ein Leben.“ Unter diesem Motto fand am Sonntag, den 27. März, in der kleinen Mühlviertler Gemeinde Obermühl eine Begegnung von Menschen des oberösterreichischen Donautales mit einer Delegation des zentralindischen Karanpura-Tales statt. Ziel der Veranstaltung war es, auf den bereits über 25 Jahre andauernden Widerstandskampf der indigenen Bevölkerung des indischen Bundesstaates Jharkhand aufmerksam zu machen, deren Lebensraum durch die Errichtung weiterer Kohleminen massiv bedroht ist.

Die fast spiegelglatte Oberfläche der Donau scheint wie ein silbernes Band im grünen Flusstal, das in den ersten zarten Frühlingssonnenstrahlen sanft glitzert. Langsam und gemächlich tuckert das kleine Schiff „Lilofee“ durch die diesige Morgenstimmung stromaufwärts, dem Höhepunkt der Veranstaltung entgegen. Mit an Bord ein bunter Haufen an FlusstalbewohnerInnen, unter ihnen die Künstlerinnen Philomina Tirkey und Elizabeth Bara aus dem indischen Bundesstaat Jharkhand sowie Bulu Imam, der dort den Widerstand gegen den zerstörerischen Kohleabbau koordiniert (siehe Interview).

Begleitet von Mühlviertler Donauliedern und indischen Flussgesängen macht das Schiff an der Schlögener Schlinge kehrt. Die mitgebrachte Wassergabe aus dem Damodar, dem Fluss des Karanpura-Tales, wird unter Jubelrufen in die Donau gekippt und das Donauwasser in die mitgebrachte Plastikflasche gefüllt, um es am Ende einer langen Reise in den Damodar zu gießen. Mit dieser symbolischen Handlung wurde der Grundstein für eine längerfristige Allianz der Solidarität zwischen den Donautal-BewohnerInnen und den Menschen des Karanpura-Tales in Indien gelegt.

Gemäß den animistischen Religionen der im Karanpura-Tal ansässigen indigenen Bevölkerung ist ein Fluss nicht nur ein Symbol für eine Gottheit, sondern die Gottheit selbst, was die tiefer gehende Bedeutung dieses Wassertausches erahnen lässt.

Indische Saris treffen auf Mühlviertler Tracht, Donaulieder auf indische Fluss-Gesänge: Zurück am Festland geht es im am Donauufer aufgebauten Festzelt weiter. Die beiden Frauen, die der Tribal Women Artists Cooperative angehören, gewähren den Anwesenden einen Einblick in ihre jahrtausendalte Kunst der Wandmalerei. Mit sicherer Hand fertigen sie Kunstwerke an, die ein wenig an die Malerei der Aborigines in Australien erinnern. Die mit Donaulehm präparierten Leinwände sind den Lehmwänden ihrer traditionellen Häuser, die seit jeher mit kunstvollen Malereien bemalt werden, nachempfunden. Den Wänden jener Häuser, aus denen die Menschen des Karanpura-Tales vertrieben werden, weil ihre Dörfer dem Kohletagbau weichen müssen. 31 neue Abbaustätten sind von der indischen Regierung geplant, 200 Dörfer gilt es dafür aus dem Weg zu räumen, eine Million Menschen sollen umgesiedelt werden. Dahinter steckt die Absicht der indischen Regierung, das Land zu „entwickeln“.

Während die zwei Frauen malen, schildert Bulu Imam in eindrucksvollen Worten und Bildern, was dieser Raubbau für die ansässige indigene Bevölkerung bedeutet: den Menschen wird ihre Lebensgrundlage entzogen, sie haben keinen Platz mehr zum Leben, Vieh hüten, Nahrung anbauen. Deshalb unterstützt die internationale Menschenrechtsorganisation FIAN den Widerstand gegen die Zerstörung des Karanpura-Tales. Mit den DonautalbewohnerInnen scheint dieser Kampf gegen Goliath nun weitere UnterstützerInnen gefunden zu haben: mit den anwesenden VertreterInnen verschiedenster NGOs sowie gesellschaftlicher Gruppierungen wurden eifrig Kontakte geknüpft, am Ende stand ein Appell der Menschen aus Oberösterreich an die indische Regierung, in dem sie diese auffordern, die Eröffnung neuer Abbaustätten zu unterlassen sowie die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung des Karanpura-Tales zu respektieren. Von FlussbewohnerIn zu FlussbewohnerIn.


Magdalena Jetschgo studiert in Wien Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung und gewann im Vorjahr den JungjournalistInnen-Preis der Tageszeitung „Die Presse“ („Reporter 10“).

Bilder der Malerinnen der Karanpura-Kampagne (im Format 76 x 57 cm oder 57 x 38cm) können gegen eine Spende bezogen werden über elisabeth.koeltringer@sundial.at , Tel. 07283/8605 oder werner.hoertner@oneworld.at , Tel. 405 5515-308

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