Zündeln im Heu

Von Brigitte Voykowitsch · · 1999/05

Nicht nur in Osttimor, auch in vielen anderen Teilen Indonesiens brachen in der letzten Zeit offenbar vom Militär geschürte gewalttätige Auseinandersetzungen aus. Diese gefährden aber gleichzeitig den Fortbestand des Staates mit den 17.000 Inseln

Der Priester aus Ambon ist sichtlich bewegt. „Manchmal“, bricht es aus ihm hervor, „möchte ich am liebsten eine Granate gegen die Militärs werfen“. „Nicht daß es was nützen würde“, ergänzt er sofort und entschuldigt sich sofort, daß seine Sprache „nicht ruhig ist. Aber bei dieser Lage!“

Mehr als 200 Menschen sind bei gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Christen und Muslimen auf der zu Indonesien gehörenden Molukkeninsel Ambon seit Anfang dieses Jahres getötet worden. Im April hat die Welle der Gewalt auch auf andere Teile der Molukken übergegriffen. Die Regierung in Jakarta hat die Entsendung zusätzlicher Truppen angeordnet. Doch die Menschen haben wenig Vertrauen in das Militär, das 32 Jahre lang die Stütze des im vorigen Mai zurückgetretenen Diktators Suharto und Symbol massiver Repression war.

Mehr noch: Von vielen Seiten, ob von Zivilisten, Klerikern oder politischen AktivistInnen, wird die Vermutung laut, daß Provokateure aus den Reihen der Militärs die Gewalt gezielt schüren.

„Man kann nicht umhin, zu diesem Schluß zu gelangen“, kommentiert Asmara Nababan von der Menschenrechtsorganisation Komnasan in der Hauptstadt Jakarta. „Natürlich bestreiten die Militärs alles.“ Doch sie hätten – gerade jetzt, wo Indonesien „hoffentlich“ auf dem Weg zu einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft ist – Interessen zu wahren.

Noch sind die Militärs offenbar nicht bereit, ihre in der Verfassung verankerte Doppelfunktion aufzugeben, die ihnen eine wichtige politische Rolle zuerkennt. „Es gibt nach Unruhen keine ernsthaften Ermittlungen“, sagt Nababan. „Nicht die Hintermänner werden vor Gericht gebracht, höchstens ein paar Menschen, die sich an Ausschreitungen beteiligt haben.“

Latente Spannungen gibt es genug zu schüren in dem riesigen Inselarchipel, zumal die vom Regime Suharto betriebene Umsiedlungspolitik („Transmigrasi“), mit der die übervölkerten Hauptinseln entlastet werden sollten, keine Rücksicht auf die kulturellen oder soziopolitischen Folgen genommen hat, wie Soziologen nun wieder offen schreiben dürfen.

Einheimische wie die Dayaks auf Kalimantan, dem indonesischen Teil von Borneo, wo im März schwere Unruhen zwischen Zuwanderern und der ursprünglichen Bevölkerung ausbrachen, wurden von ihren angestammten Gebieten verdrängt. Mancherorts hatten sich die MigrantInnen eine dominante Stellung in der Wirtschaft verschafft, anderswo störten sie das labile, aber allemal funktionierende Mit- oder Nebeneinander verschiedener ethnischer und konfessioneller Gruppen.

„In 32 Jahren Diktatur“, sagt eine Philosophieprofessorin der Universität von Indonesien, „hat sich ein gewaltiges Aggressionspotential aufgebaut. Da ist es ein leichtes zu zündeln.“

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