Die Europäische Union (EU-15) war jahrzehntelang der größte Zuckerproduzent der Welt und liegt heute an dritter Stelle hinter Brasilien und Indien. Sie ist zweitgrößter Exporteur (nach Brasilien) und zweitgrößter Importeur (nach Russland und vor China), wobei vor allem aus Ex-Kolonien Rohrzucker zu überhöhten Preisen eingeführt wird. Diese Einfuhrmengen erhöhen die Weißzuckerexporte der EU.
Rund 70 Prozent des Zuckers werden in den Herkunftsländern selbst verbraucht. Selbst Brasilien, der führende Zuckerexporteur, verbraucht etwa die selbe Menge im Inland (u.a. für Ethanol als Kraftstoffzusatz).
Für einige Länder wie Kuba, Guatemala, Mauritius oder Swasiland ist der Zuckerexport eine wichtige Devisenquelle. Für andere Länder wie Australien, Thailand oder Südafrika, die ebenfalls einen wesentlichen Teil der eigenen Produktion exportieren, spielt Zucker wirtschaftlich aber nur eine unbedeutende Rolle.
Entwicklung von Produktion und Konsum
Der Zuckerverbrauch nimmt rascher zu als die Weltbevölkerung, und zwar fast nur in den ärmeren Ländern: Während der Pro-Kopf-Verbrauch in der EU stagniert, hat er sich etwa in Indien seit 1960 vervierfacht.
Die Zuckerproduktion steigt rascher als der Verbrauch. Die resultierenden hohen Lagerbestände sind ein Grund für niedrige Weltmarktpreise.
Die Anbaufläche von Zuckerrüben ist von 1961 bis 2002 um mehr als zehn Prozent gesunken, während sich die Zuckerrohranbauflächen mehr als verdoppelten. Ihr Anteil liegt heute bei 76% (19,7 Mio. Hektar). Insgesamt bedecken Rüben- und Zuckerrohrfelder etwa die Fläche des früheren Westdeutschlands.
Schutzzölle der reichen Länder haben einen Markt für Zucker aus Mais- und Weizenstärke (Isoglucose) geschaffen. Isoglucose deckt in den USA rund die Hälfte, in Kanada, Japan und Südkorea etwa ein Drittel des Bedarfs für Ernährungszwecke; in der EU ist ihr Marktanteil auf 2% begrenzt.
Zuckeraustauschstoffe (kalorienärmer, teilweise diabetikerverträglich, z.B. Isomalt) sowie praktisch kalorienfreie Süßstoffe (z.B. Saccharin, Neohesperidin, Cyclamat) werden vor allem in reichen Ländern immer beliebter.
Quellen: EU-Kommission 2003, Süßstoff-Verband, Isomalt.
Das Geschäft mit der Rübe
Große Zuckerunternehmen in den reichen OECD-Ländern verdienen wegen der durch Zollschranken künstlich hochgehaltenen Preise etwa 75% mehr als sie ansonsten verdienen würden; die Zuckerpreise für die Endverbraucher betragen das Doppelte eines theoretischen Preises bei einem freien Weltmarkt.
Zuckerrüben, vor allem in reichen Ländern angebaut, sind daher eine der rentabelsten Feldfrüchte, obwohl die Zuckerproduktion aus Rüben etwa doppelt so viel kostet wie aus Zuckerrohr.
Diese Rentabilität fördert die Überproduktion und das „Dumping“ auf den Weltmärkten, insbesondere durch die EU. 1999/2000 importierte die EU 1,9 Mio. Tonnen Rohzucker, exportierte aber 5,1 Mio. Tonnen.
Quelle: The Great EU Sugar Scam,
Oxfam International 2002