Die Abschaffung des ermäßigten Postzeitungsversandes ist nicht nur demokratiepolitisch bedenklich, sondern auch wirtschaftlich unsinnig.
Die Abschaffung des Postzeitungstarifes betriftt österreichweit geschätzte 8.500 Publikationen. Der Versand von Zeitschriften und anderen Druckwerken mit persönlicher Anschrift wird bis zum Fünffachen verteuert. Die großen Kaufzeitungen werden sich wohl oder übel zu helfen wissen, etwa durch den Aufbau alternativer Zustellsysteme in den Ballungsräumen. Ob in entlegeneren Regionen dann auch noch alle Zeitschriften abonniert werden können, ist ungewiss. Die Meinungsvielfalt, ein demokratisches Grundrecht, ist in Gefahr. Genauso wie die Arbeit zahlloser Initiativen und Organisationen – von der Aktion Leben bis zu Greenpeace. Diese transportieren auch per Post ihre Inhalte. Durch regelmäßige Aussendungen bringen sie geschätzte 3,5 bis 4 Milliarden Schilling an Spenden herein. Und diese Summe komme letztendlich auch dem Gemeinwohl zugute, betont Heinz Meister von der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission.
Dem Finanzminister soll die Abschaffung 900 Millionen Schilling bringen. Für die Druckwirtschaft und das grafische Gewerbe machen Produkte, die zum ermäßigten Tarif versendet werden, geschätzte 5 Milliarden Schilling an Aufträgen aus. Schwinden die Aufträge, entgehen dem Finanzminister Mehrwertsteuer und Anzeigenabgabe. In der Druck- und Medienwirtschaft sowie bei den NGOs gingen Arbeitsplätze verloren. Und auch das verursacht Kosten, die vom Ersparten noch abzuziehen sind.
Wenn die Streichung des Postzeitungstarifs ein wirtschaftlicher Flopp ist, ist sein (erhoffter) Nutzen vielleicht ein politischer? Kommt nicht gerade aus der Zivilgesellschaft viel Kritik an der schwarz-blauen Regierung? Ist sie nicht meist jeder Regierung einen Schritt voraus und damit das Gegenteil von konservativ?
Die Regierung betonte, die Abschaffung des Postzeitungstarifes ziele auf die Aussendungen politischer Parteien ab, Publikationen im öffentlichen Interesse könnten durch Einzelsubventionen an ausgewählte Organisationen gefördert werden. Infrastrukturminister Michael Schmidt ordnet unter 9.696 angemeldeten Zeitungen in Österreich lediglich 42 (!) karitativen Organisationen zu. Die Regierung klassifiziert nach bisher undurchsichtigen Kriterien und sichert sich dadurch ein Mitspracherecht dabei, wer es sich in Zukunft leisten kann, seine Meinung zu äußern. Hier wird nicht beim Budget, sondern bei der Demokratie gespart.
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