„Zaghafte Außenöffnung“

Von Redaktion · · 2015/12

Der an der Universität Wien lehrende Nordkorea-Experte Rüdiger Frank im Kurzinterview.

Welche politische Strategie verfolgt Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un?

Neben dem Wunsch nach Regimeerhalt lässt er einen eindeutigen Fokus auf eine Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung erkennen. Er möchte damit seine eigene Herrschaftslegitimität steigern. Nach außen setzt er auf nukleare Abschreckung.

Immer wieder hört man, das Regime Nordkoreas hätte mehr mit dem Nationalsozialismus gemeinsam als mit dem Kommunismus. Stimmt das?

Solche Vergleiche sind zynisch, insbesondere den Opfern des Nationalsozialismus gegenüber, und daher grundsätzlich abzulehnen. Auch sind sie sachlich und historisch fragwürdig. Richtig ist, dass in Nordkorea die Idee des Sozialismus sehr eng mit einem starken koreanischen Nationalismus verknüpft wurde. Richtig ist auch, dass eine Verfolgung von Menschen aus politischen Gründen stattfindet, da es im Lande eine dominante Ideologie gibt, die keine Abweichungen zulässt.

Wie kann ein so isoliertes Land wirtschaftlich überleben?

Nordkorea ist längst nicht so isoliert, wie es oft dargestellt wird, auch wenn die Sanktionen durchaus Wirkung zeigen. Der Außenhandel ist 2014 erneut gestiegen, auf über sieben Mrd. US-Dollar, wovon der Großteil auf China entfällt. Hinzu kommt, dass sich der Staat in diesem rohstoffreichen Land seit Jahrzehnten um Autarkie bemüht. Mittelfristig erkennen wir eine zaghafte Außenöffnung. Der Markt ist auf dem Vormarsch, auch wenn ihm der offizielle Segen des Systems noch fehlt.

Einige wenige Menschen aus Nordkorea schaffen es, nach Südkorea zu flüchten. Wie fremd ist diese Gesellschaft für sie?

Die Erfahrung dieser Menschen ist oft negativ. Zwar haben sie nun ein weit höheres Maß an politischer und individueller Freiheit, doch sind sie auch politischem Misstrauen ausgesetzt. Außerdem ist Südkorea eine hoch kompetitive Ellenbogengesellschaft. Das führt auch unter Südkoreanern zu Problemen, nicht umsonst hat das Land eine der höchsten Selbstmordraten weltweit. Wer nicht von Kindheit an für die Teilnahme an diesem Wettbewerb gedrillt wurde, der hat oft das Nachsehen.

Interview: noh

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