In meinen Kindheitserinnerungen hat der Sonntag einen besonderen Stellenwert. Vielen geht es so. Am Sonntag kleideten wir uns „fein“, gingen in die Kirche. Zum Essen gab es einen Braten, am Nachmittag Kuchen und wir gingen spazieren.
Heute begehen Familien oder Singles den Sonntag vielfach anders. Laut einer Umfrage ist dieser Tag dennoch für fast 90 Prozent „ein Tag der Erholung und Entspannung“. Nur acht Prozent mögen den Sonntag nicht, denn „da ist man oft allein“.
Mit der Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist der Sonntag zwar nach wie vor ein herausgehobener Tag und gesetzlich geschützt, er unterliegt aber einer schleichenden Aushöhlung, weil es die Wirtschaft so will. Bei berufstätigen EhepartnerInnen und Familien mit Kindern führen Unregelmäßigkeiten in der Arbeitszeit zu hohen Belastungen. Und auch für Singles ist die Freizeitgestaltung mit FreundInnen natürlich am Wochenende am leichtesten zu organisieren.
Auch wenn der christlich begründete Sonntag in unserer verweltlichten Gesellschaft weniger für den Kirchgang genutzt wird: Der Wunsch und die Suche nach gemeinsamer Zeit ist geblieben.
Noch eine Funktion ist wichtig: Der Sonntag ist ein Symbol dafür, dass Wirtschaft und Leistung im Leben eines Menschen und der Gesellschaft nicht alles sein dürfen. Wir brauchen die „selbstverständliche regelmäßige Pause und das gemeinsame Innehalten“. Der deutsche Zeit-Forscher Jürgen P. Rinderspacher sagt weiter: „Am Wochenende soll Zeit gerade nicht Geld sein – Zeit bleibt Zeit. Kein Individuum ist allein so stark, diese Umkehrung der Sichtweise auf Dauer für sich allein zu beschließen und durchzuhalten.“ Insofern darf der Sonntag auf Zukunft hoffen.
Der Sonntag ist nur ein Aspekt von Freizeit. Sie finden in diesem Schwerpunkt mehrere Herangehensweisen an dieses Thema: von Muße, Konsumverhalten und innerer Freiheit, vom Wandel des Lebens nach Feierabend bis hin zu unfreiwilliger Freizeit. Das Phänomen der Freizeit kann also auf ganz unterschiedliche gedankliche Pfade locken, dennoch sind sie miteinander vernetzt.