Enge, mittelalterlich anmutende Gässchen, verschachtelte Häuser in teilweise unwegsamem, steilem Gelände: ArchitektInnen aus aller Welt sind seit langem von Rios Favelas fasziniert. In Rio de Janeiro und im noch größeren São Paulo entstehen ständig neue Projekte. Meist verfolgen sie einen breiten Ansatz: Architektur und Kunst sollen dabei unterstützen, die Favela zu einem lebenswerteren Raum zu machen. Die Bandbreite der Ideen reicht von einer Begrünung der Viertel durch Dachgärten bis hin zu Visionen wie der „Favela Cloud“, einem Gedankenexperiment dänischer Architekturstudenten. Über der Favela planten sie eine gewaltige bewohnbare „Wolke“ aus Stahl, die ungenutzten Raum zugänglich macht. In die Tat umgesetzt haben zwei niederländische Künstler ihre Idee: Der Hauptplatz der Favela Santa Marta schillert seit einigen Jahren in leuchtenden Farben (siehe Foto).
Die diesjährige Architektur-Biennale in Rotterdam stellte die Frage, welche zukunftsorientieren Lösungen es für das Wachstum unserer Städte gibt. Eine Antwort kam aus São Paulo, wo im Stadtteil Cabuçu de Cima ein „Versuchsgelände“ errichtet wurde. Es geht um Schutz und gleichzeitig wirtschaftliche Nutzung von Ressourcen durch die Bevölkerung sowie um eine bessere Verknüpfung zwischen formeller und informeller Wirtschaft.
Das bekannteste und erfolgreichste Projekt, das ein Architekt – nämlich Jorge Mario Jàuregui – in den letzten Jahrzehnten in Brasilien geleitet hat, ist „Favela-Bairro“. Es hat in etlichen Großstädten Lateinamerikas Schule gemacht. In Rio kamen seit 1995 hunderte Favelas in den Genuss dieses Urbanisierungsprogramms, das aus informellen Siedlungen richtige Stadtviertel mit all der dazu gehörigen Infrastruktur machte.
Hat man früher noch versucht, die BewohnerInnen umzusiedeln und ihr Zuhause dem Erdboden gleichzumachen, erkannten die Verantwortlichen mittlerweile, dass die Veränderung direkt in den Vierteln geschehen muss. Die längste Gondelbahn der Welt schwebt seit einem Jahr über der Riesenfavela Complexo do Alemão und gewährt beste Sicht – Symbol dafür, dass die Stadt den Blick nicht mehr von den Favelas abwendet.
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