Robert Mugabe dominiert Simbabwes Politik nun komplett – und treibt sogar Südafrika in die Defensive.
Selten wurde eine Wahl so klar im Vorfeld manipuliert: Aus den Präsidentschaftswahlen in Simbabwe am 31. Juli ging nach den offiziellen Zahlen Amtsinhaber Robert Mugabe als Sieger hervor, mit genau 2.110.434 von 3.480.047 gültigen Stimmen – knapp über 60 Prozent. Sein Gegner Morgan Tsvangirai kam mit 1.172.349 Stimmen auf fast 34 Prozent. Aber sogar Simbabwes Wahlkommission bestätigte, dass 305.000 Wahlwillige mangels Eintrag auf der Wählerliste ihre Stimme nicht abgeben konnten, und dass 207.000 Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe „assistiert“ wurden. Nimmt man dazu den Vorwurf ernst, dass die meisten der 460.000 registrierten Wählerinnen und Wähler im Alter über 85 Jahren fiktiv waren und dass die meisten realen Jungwählerinnen und -wähler des Landes gar nicht auf dem Wahlregister standen, schmilzt Mugabes Sieg dahin.
Doch all das ändert nichts an der Tatsache, dass Simbabwes 89-jähriger Autokrat Mugabe jetzt offiziell wiedergewählt ist. Bei den Wahlen 2008 war er ganz offiziell auf dem zweiten Platz gelandet, hielt sich aber durch plumpe Gewalt im Amt. Die vergangenen vier Jahre regierte er dann gemeinsam mit seinen Feinden: Oppositionsführer Tsvangirai wurde Premierminister, selbst das Finanzministerium entglitt Mugabes Partei. Diese Zeiten sind vorbei. Mugabes ehemalige Befreiungsbewegung ZANU/PF (Zimbabwe African National Union – Patriotic Front) kann jetzt wieder ganz allein regieren. Sie hält sogar eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. In den Zeiten der Einheitsregierung mit Tsvangirais Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) entstand in mühevoller Kleinarbeit eine neue Verfassung – diese kann Mugabe nun wieder umschreiben und alle Ansätze demokratischer Reformen rückgängig machen.
Selbst eine neue Welle von Enteignungen von Unternehmen in ausländischem oder „weißem“ Besitz ist denkbar und wurde von der ZANU/PF bereits in Aussicht gestellt. Weiße in Simbabwe seien so natürlich wie Katzen im Wasser, twitterte die Partei.
Die Rückkehr Mugabes zu einem Linkspopulismus alter Schule ist für das südliche Afrika fatal. Im benachbarten Südafrika steht der regierende ANC von Präsident Jacob Zuma unter wachsendem Druck seiner eigenen linkspopulistischen Opposition. Bisher im ANC eingebunden, ist der linke Flügel dabei, sich unter Führung des abgesetzten Jugendligaführers Julius Malema selbständig zu machen. Malema hat eine neue Partei ins Leben gerufen, die „Economic Freedom Fighters“ (EFF). Die hat den Weißen in der südafrikanischen Wirtschaft den Kampf angesagt und nennt explizit Simbabwes ZANU/PF als ein Vorbild.
Eine Mugabe-Malema-Achse könnte Südafrika, wo nächstes Jahr Wahlen anstehen, in heftige Bewegung versetzen. Viele Kommentatoren erwarteten von Zuma selbst Linkspopulismus. Gerechnet wurde mit einem Aufstieg der einst weiß geführten Oppositionspartei DA (Demokratische Allianz) zu einer neuen schwarz-weißen Oppositionskraft als Gegengewicht dazu. Aber Zuma gab als Präsident dem linken Flügel nicht nach – und stellte diesen damit unfreiwillig auf eigene Füße.
Das alles erklärt, warum Südafrika keine Kritik an Simbabwes Wahlen übt und warum Zuma sogar gegen Mugabe-KritikerInnen in den eigenen Reihen vorgeht: Es ist ein defensives Verhalten. Ein Verhalten, das Mugabe natürlich sehr zupass kommt. Er ist jetzt am Drücker, nicht nur im eigenen Land, sondern in der Region. Simbabwes Präsident kann die anderen regionalen Akteure vor sich hertreiben.
Die einzigen, die ihm dabei einen Strich durch die Rechnung machen könnten, sind die Simbabwerinnen und Simbabwer. Während der Wirren der Jahre 2000 bis 2009 hatten bis zu drei Millionen Menschen das Land verlassen, ein Viertel der Bevölkerung. In den vergangenen Jahren gab Simbabwes neu gefundene Stabilität vielen eine Perspektive. Sollte diese Hoffnung nun wieder schwinden, ist ein neuer Aderlass zu befürchten, der das südliche Afrika vermutlich endgültig überfordert. Der boomende Nachbar Mosambik etwa hat trotz allem genug eigene Arbeitslose zu versorgen. In Südafrika profitiert der linkspopulistische Protest vom Unmut der Township-Bevölkerung gegen oft dynamischere Immigrantinnen und Immigranten.
In Anbetracht der Dimension möglicher Folgen der Entwicklungen in Simbabwe könnte Mugabe letztendlich doch gezwungen sein, Mäßigung an den Tag zu legen, um seine eigene Machtbasis nicht zu untergraben. Dass er als Taktiker unübertroffen ist, hat der 89-Jährige dabei oft bewiesen. In Afrika schleicht sich allmählich eine gewisse Bewunderung für den alten Autokraten ein. Man heißt seinen Kurs nicht unbedingt gut, aber wie er den durchzieht: Respekt.
Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur und Leiter des Auslandsressorts der Berliner Tageszeitung taz.
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