Was ich nicht weiß …

Von Robert Poth · · 2001/06

Um die Geschäfte der österreichischen Rüstungsindustrie wird nach wie vor Geheimniskrämerei betrieben.

Es ist ruhig geworden um die österreichische Waffen- und Rüstungsindustrie. Vorbei sind die Zeiten, als die Branche noch Schlagzeilen lieferte, etwa die VOEST-Tochter Noricum mit ihren unter Lizenz produzierten GHN-45-Kanonen, die in den achtziger Jahren ihren Weg an beide Parteien des Iran-Irak-Kriegs fanden. Hat sich die Branche geläutert? Schwer zu sagen. Denn erst 1999 wurde aus Unterlagen der ehemaligen ostdeutschen Staatssicherheit (Stasi) bekannt, dass die damals staatliche Munitionsfirma Hirtenberger in den achtziger Jahren illegale Millionengeschäfte mit Granatwerfermunition gemacht hat, etwa mit dem Iran. Glück für die Beteiligten: Aufgrund des niedrigen Strafausmaßes für derartige Verstöße ist die Angelegenheit verjährt. Durchaus aktuell sind allerdings die prinzipiellen Probleme der Industrie: Die inländische Nachfrage ist zu gering, daher muss der wirtschaftliche Erfolg im Export oder durch Lizenzproduktionen im Ausland gesichert werden.

Das fängt beim Sturmgewehr STG 77 der Firma Steyr-Mannlinger an (Lizenzproduktion etwa in Malaysia, SME Technologies) und reicht bis zur Pistole der Firma Glock in Deutsch-Wagram/Ferlach, einem weltweiten Exportschlager. PlastikHandgranaten der Firma ARGES Armaturen werden – oder wurden zumindest – in Lizenz von der staatlichen Pakistan Ordnance Factory hergestellt; nach indischen Presseberichten tauchten sie auch in Waffenverstecken von Rebellen in Kaschmir auf. Kein Wunder – sie werden ja vom pakistanischen Geheimdienst versorgt.

Hirtenberger-Granatwerfer und die dazugehörige Munition wiederum werden etwa von Arsenal Co. in Kasanlak (Bulgarien) in Lizenz produziert. Da sollten die Alarmglocken schrillen: Bulgarische Rüstungsbetriebe sind nicht nur notorisch in illegale Waffenlieferungen verwickelt. Insbesondere Arsenal produziert Kleinwaffen (auch Kalaschnikows) fast ausschließlich für den Export, zumeist nach Afrika.

Zuletzt geriet das österreichische Verteidigungsministerum in die Kritik, als rund 40.000 Sturmgewehre vom Typ STG58 aus Bundesheerbeständen um 7,5 Millionen Schilling an einen Schweizer Waffenhändler verscherbelt wurden. Von den Grünen attackiert, rechtfertigte sich Verteidigungsminister Herbert Scheibner im Vorjahr im Parlament: ”Was eine Firma, die diese Waffen kauft, dann unter Bruch dieser Bestimmungen, unter Falschangaben mit diesen Waffen unternimmt, das entzieht sich selbstverständlich unserer Einflussnahme.“ Genauso argumentieren bulgarische Regierungsstellen.

Eine Wiederholung solch dubioser Exporte könnte aber in Zukunft zumindest erschwert sein. Denn durch die letzte Novellierung des österreichischen Gesetzes über die Aus- bzw. Durchfuhr von Kriegsmaterial kann nun die Vernichtung ausrangierter Bestände per Verordnung vorgeschrieben werden – wenn der Finanzminister zustimmt. Auch ”Vermittlung“ von Waffengeschäften durch Personen mit Wohnsitz oder Sitz in Österreich ”von außerhalb des EU-Zollgebiets nach außerhalb des EU-Zollgebiets“ wird nun unter Strafe gestellt.

Praktisch missachtet wurde jedoch ein Forderungskatalog der österreichischen Kampagne ”Verbessern statt Verwässern“, an der auch die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungszusammenarbeit AGEZ beteiligt ist. Unter den ignorierten Vorschlägen: Erfassung der Lizenzabkommen im Ausland und parlamentarische Berichtspflicht des Innenministers über Waffenexporte. Transparenz ist also unerwünscht. Warum, bleibt offen.

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