Wie jedes Jahr stand der Pariser Herbst auch heuer wieder im Zeichen der Mode. Doch nicht nur die Models von Chanel, Christian Dior & Co. spazierten über die Laufstege – nein, nunmehr hatten auch Fairtrade-Bewegte und kritische KonsumentInnen die Möglichkeit, guten Gewissens die Tempel der Haute Couture aufzusuchen.
Vom 11. bis 14. Oktober konnten rund 5.000 BesucherInnen auf drei Etagen ethische Kreationen bestaunen. Voraussetzung für die Teilnahme der DesignerInnen war die Unterzeichnung der „Charter of good conduct“ (Verhaltenskodex), die zur Einhaltung der internationalen Kernarbeitsnormen gemäß den Bestimmungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verpflichtet. Zusätzlich wird ein Engagement in zumindest einem der Bereiche fairer, Ressourcen schonender Produktion beziehungsweise Unterstützung von Sozialprojekten abverlangt.
„Slow fashion“ als Gegenpol zur Schnelllebigkeit der heutigen Mode, als Bekenntnis zur Nachhaltigkeit, sowie das Aufzeigen diverser Alternativen stand heuer im Mittelpunkt und wurde von ExpertInnen und Publikum rege diskutiert.
Isabelle Quéhé, Initiatorin der Veranstaltung, früher selbst als Model und als Designerin tätig, ist eine Vordenkerin des neuen Trends: „Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt für eine Bewusstseinsänderung hin zu mehr kritischem Konsum gekommen. Ethische Mode muss nachhaltig sein, alternative Ressourcen berücksichtigen und gleichviel Respekt vor den Menschen wie vor der Natur beweisen. Ebenso wichtig ist es mir aber, mit der Messe zu zeigen, dass es möglich ist, trendige Mode und Nachhaltigkeit zu kombinieren.“ DesignerInnen sollten motiviert werden, sich im Feld der ethischen Mode zu engagieren und Erfahrungen auszutauschen.
In den letzten Jahren ist der Trend in Richtung kritischer Konsum unübersehbar. Fairtrade ist vielen KonsumentInnen bereits ein Begriff und schon fast in aller Munde. Etwas verlangsamt formieren sich nun auch auf dem Modesektor Alternativen der ethischen Mode.
Doch ethisch oder nicht, das ist hier die Frage. Und was heißt eigentlich „ethische Mode“? Der Versuch einer Begriffsbestimmung ist in einen weit gefassten Interpretationsrahmen gebettet. Es gibt keine eindeutige, allgemein gültige Definition. Jedoch lassen sich folgende Elemente feststellen, wie sie auch als Teilnahmekriterium an der erwähnten Pariser Messe Gültigkeit haben: sowohl Ressourcen schonende als auch faire Produktion und Unterstützung von Sozialprojekten.
Hinsichtlich der Ressourcen gibt es unterschiedliche Ansätze. „Aus alt mach‘ neu!“ heißt das Prinzip, auf welches einige ModeschöpferInnen setzen. Recycling ist ein wichtiges Thema, wodurch Ressourcen wie Baumwolle, Wasser usw. gespart werden können. Mit viel Witz und Ideenvielfalt ergeben sich neue Kreationen, und schnell wird aus einem Stapel alter verschlissener Jeans ein bequemer Sitzhocker oder der ehemalige Lieblingspullover wird zum einzigartigen Rock.
Neben dem Recycling stützt sich die Modebranche aber auch auf die Verwendung alternativer Ressourcen. Dabei findet die biologische Baumwolle immer mehr Anklang (vgl. Thema in SWM 6/07). Bio-Baumwolle hat mit rund 0,1% jedoch immer noch einen sehr geringen Anteil an der Welternte (ca. 26 Millionen Tonnen pro Jahr). Die Textilforschung ist auf ihrer Suche nach weiteren Alternativen anderweitig fündig geworden. Neue Materialien wie Textilien aus Bambus, Pinienästen oder auch Müll (PET-Flaschen) finden langsam Einzug.
Ein immer wieder erwähnter Ansatz ist die Unterstützung von sozialen Projekten im Rahmen der Produktionsprozesse. Die Palette an Aktivitäten ist sehr umfangreich: Bau von Schulen, Kinderbetreuungsstätten, Einrichtungen für lokale Frauenbewegungen usw.
Ein oft gehörter Kritikpunkt ist das Fehlen einer Verbindung von sozialen mit ökologischen Kriterien sowie international geltenden Normen oder auch Gütesiegeln zur besseren Orientierung der KonsumentInnen. Dies sieht auch die Clean Clothes Kampagne etwas problematisch. Zertifizierungen oder Mitgliedschaft in Überprüfungsorganisationen sind mit Kosten verbunden, die für kleinere Alternativanbieter oft nicht zu bewältigen sind. Muss man also den Worten der alternativen AnbieterInnen ethischer Mode blind vertrauen?
Orientiert man sich am Prinzip des fairen Handels, taucht die Schwierigkeit auf, dass bei den heute verfügbaren Stoffen kaum jede Stufe des Herstellungsprozesses – vom Baumwollanbau über die Garnproduktion und den Färbeprozess bis zur eigentlichen Produktion -, Fairtrade-zertifiziert werden könnte.
Ob Werbegag, temporärer Trend oder Antwort auf Forderungen kritischer KonsumentInnen – selbst große Konzerne schwimmen nun auf der „grünen Welle“ mit. So führten H&M und auch der französische Versandbetrieb LaRedoute eigene Bio-Baumwollkollektionen ein. Mit „Levis Eco“, der ersten chemiefreien Jean aus Bio-Baumwolle, ließ Levis die Konkurrenz aufhorchen. „Das sind Nischenprodukte, um das Image der Marke aufzupolieren“, bemerkt Elisabeth Schinzel von der Clean Clothes Kampagne. Einen wichtigen Kritikpunkt erläutert Daniel Rüfenacht von der Schweizer Firma Switcher wie folgt: „Die Großen kaufen einmal kurz ein, zahlen auch viel, aber wenn die Qualität nicht stimmt, nehmen sie die Ernte nicht ab.“ Diese Problematik der instabilen Geschäftsbeziehungen bestätigt auch Rolf Heimann von Hess Natur, denn wenn die Ernte in einem Jahr qualitative Mängel aufweist, ziehen große Unternehmen Aufträge zurück. Switcher und Hess Natur sind positive Beispiele sozialer Unternehmensverantwortung. Beide sind Mitglieder der Fair Wear Foundation. Das bedeutet, sie verpflichten sich, Kernarbeitsnormen der ILO sowie von der Clean Clothes Kampagne mitformulierten Verhaltenskodizes umzusetzen und extern überprüfen zu lassen.
Einiges konnte schon erreicht werden, aber es bedarf noch vieler Anstrengungen, um die Modebranche wirklich ethisch korrekt zu gestalten. Die nationalen Ergebnisse können nächstes Jahr auf der zweiten ECOtrend-Messe in Wien bestaunt werden.
Die Autorin ist Studentin der Internationalen Entwicklung und lebt in Wien. www.ethicalfashion.comwww.cleanclothes.atwww.ecotrend.atwww.hessnatur.comwww.fairwear.nl