Wachstums-Schwierigkeiten

Von Irmgard Kirchner · · 2011/02

Welches Wachstum kann uns aus der Krise führen? Es hat nicht den Anschein, als sei Österreichs Politik den globalen Herausforderungen gewachsen.

"Wir Österreicher schauen zuversichtlich in die Vergangenheit“, spottete vor über 40 Jahren Karl Farkas, der bis heute unvergessene Schauspieler und Kabarettist. Aktuell hat man den Eindruck, das Andenken an 100 Jahre Bruno Kreisky wäre der einzige Lichtblick in Österreichs Politik. Auch wenn die Erinnerung manchmal seltsame Wege nimmt: Der amtierenden Politikerriege wird man kaum visionäre Außenpolitik nachsagen; die Fähigkeit, die Zeichen und Notwendigkeiten der Zeit erkannt zu haben; oder dass sie verkrustete und überlebte Strukturen aufgebrochen habe. Kreisky hat Österreichs Horizont erweitert. In Österreich passiert gerade das Gegenteil. In Zeiten, in denen weitgehend unhinterfragt die große Erzählung des Sparen-Müssens gepflegt wird, zeigt die Politik, was sie kann. Das kürzlich vorgelegte „Sparbudget“ legt ihre Werte und Prioritäten offen.

Gespart wird bei den Armen und an der Zukunft, bei Familien, bei der Forschung oder als besonders erhellendes Beispiel für diese Haltung: auch bei der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit. Auch wenn es dem Finanzministerium gelungen ist, das Budget für Zahlungen an Internationale Finanzinstitutionen zu erhöhen: In Summe ist Österreichs Beitrag für Entwicklungszusammenarbeit international beschämend klein.

Kampflos hat Außenminister Michael Spindelegger die Budgetkürzung in seinem Ressort hingenommen und dort ungerührt die schlimmsten Einschnitte der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zugefügt. Dieser Bereich zeichnet sich durch Gestaltbarkeit und viel zukunftsträchtiges Know-How aus und wird – gemessen an anderen Politikfeldern – überproportional gekürzt. Spindelegger hat offensichtlich andere Prioritäten. Etwa die Konzentration darauf, „in der Außenpolitik österreichische Wirtschaftsinteressen voranzubringen“, wie kürzlich US-Diplomaten in Wien auf WikiLeaks zitiert wurden.

Den Horizont dort zu sehen, wo der Eigennutz endet, ist keine Denkweise des 21. Jahrhunderts. Unser eigenes Wirtschaften zieht immer mehr Menschen auf dem Globus in Mitleidenschaft. Chancen und Bedrohungen für uns selbst werden immer globaler und doch glauben wir, unsere Schäfchen alleine ins Trockene bringen zu können.

Jetzt und hier, wo wir eine Erweiterung der Perspektive brauchen, wird das Denken enger. Das Handeln wird globaler, das Denken provinzieller. Mehr als enttäuschend, dass die politische Elite agiert und reagiert wie jeder beliebige verängstigte Kleingeist. Verantwortung sieht anders aus. Ob die handelnden PolitikerInnen den Herausforderungen einer globalisierten Welt nicht gewachsen sind oder sich ihnen nicht stellen wollen – das Resultat ist eine unsolidarische Politik im In- und im Ausland. Man legt sich lieber mit den Schwachen an als mit den Mächtigen und Reichen.

Schwierige Zeiten bieten die Chance, geistig und politisch zu wachsen. Diese bleibt ungenutzt. Die Flucht wird in die falsche Richtung angetreten. Und so schrumpft mit dem Wirtschaftswachstum auch der Horizont. Dabei ist das Überleben der Menschheit wirklich eine Wachstumsfrage. Wir brauchen nicht mehr Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch, sondern mehr globales Bewusstsein, mehr Solidarität und soziale Verantwortung.

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