Offiziell gilt Kamerun mit den Sprachen Französisch und Englisch als zweisprachig. Tatsächlich werden über 200 Sprachen aus verschiedenen Sprachfamilien (Bantu, Sudansprachen, Ful) gesprochen, in manchen Gegenden wechselt die Sprache von einer Ortschaft in die nächste. Die „Zweisprachigkeit“ ist koloniales Erbe. Ende des 19. Jahrhunderts von Deutschland kolonialisiert, kam Kamerun nach dem ersten Weltkrieg unter Völkerbundmandat. Der an Nigeria grenzende Teil wurde als „Southern Cameroons“ unter britische, das Zentrum, der Süden und Osten unter französische Verwaltung gestellt. Entsprechend unterschiedlich verlief die späte Kolonialzeit. Das französische Kamerun wurde nach einem gewaltsam niedergeschlagenen Befreiungskampf unter dem von der französischen Kolonialregierung unterstützten Ahmadou Ahidjo unabhängig. Der britisch verwaltete Teil entschied sich am 11. Februar 1961 per Referendum mehrheitlich für eine Vereinigung unter der Bedingung eines föderativen Staats, der in den Folgejahren von der Regierung Ahidjo untergraben wurde. Heute fühlen sich die ehemals britischen Provinzen Nordwest und Südwest politisch zu wenig repräsentiert, die anglophone Minderheit wirtschaftlich und kulturell vernachlässigt.
Der 11. Februar ist heute nationaler Feiertag – nicht etwa im Gedenken an die historische Abstimmung, sondern als „Tag der Jugend“. Alljährlich marschieren Schuldelegationen aus dem ganzen Land in Yaoundé in einer Parade auf. Die Schülerinnen und Schüler preisen in Liedern Paul Biya – begeistert die Kleinen, mit offensichtlicher Langeweile und Missmut die Größeren. Weiß man um die historisch und politisch hoch aufgeladene Symbolik dieses Datums, zeigt sich die Doppelbödigkeit des Spektakels: Eine pompöse Inszenierung, die von nationalem Konfliktstoff ablenkt, statt sich ihm zu stellen. Die Tendenz zum Drüberwischen anstelle einer aufrichtigen Integration der beiden Kameruns zeigt sich auch bei den sogenannt zweisprachigen Schulen, auf die man vielerorts stößt. Die theoretische Zweisprachigkeit sieht in der Praxis so aus, dass frankophone und anglophone SchülerInnen im selben Schulgebäude getrennt jeweils in Französisch bzw. Englisch unterrichtet werden.