Wir haben nach wie vor ein Rassismus-Problem in Österreich. Der Abgang von Andreas Mölzer wird das nicht lösen.
Jetzt ist sie vorbei, die politische Karriere von Andreas Mölzer. Er musste sich von der EU-Spitzenkandidatur der FPÖ verabschieden. Weil er den Fußballspieler David Alaba beleidigt haben soll. Mölzer habe dem schwarzen Nationalhelden in der deutschnationalen Wochenzeitung „Zur Zeit“ abgesprochen, ein echter Österreicher zu sein. Ein Sturm der Entrüstung fegte durch die Bevölkerung, die Medien, die Politik. Er legte sich erst als Mölzer ging. Das ist erfreulich. Und scheinheilig. Die breite Empörung darüber, dass einem jungen, schwarzen Mann wegen seiner Hautfarbe das Österreicher-Sein abgesprochen wird, war interessant. Denn tatsächlich hat der Inhalt der „Zur Zeit“-Kolumne widergespiegelt, was viele Menschen in Österreich denken und vorleben: Schwarze können keine „echten“ Österreicherinnen und Österreicher sein. Dass man sich derart über einen beliebten Prominenten ausgelassen hatte, das erregte die Gemüter.
Doch es gibt viele David Alabas. In Österreich leben mehr und mehr junge schwarze Menschen. Sie arbeiten, studieren, wohnen und lieben hier. Sie sind keine Nationalhelden, sie sind ganz normale Österreicherinnen und Österreicher. Aber sie werden innerhalb der Bevölkerung oft immer noch als Einwanderinnen und Einwanderer angesehen. Es sind oft Menschen, die in Österreich gegen Rassismus kämpfen – im Alltag, am Arbeitsmarkt, auch in der Sprache. Ihre emanzipierten Forderungen nach der kompromisslosen Beseitigung rassistischer Praxen stoßen nicht immer auf Gegenliebe. Ließe man sich von gefühlten „Fremden“ die Politik oder die Wortwahl dirigieren, wo käme man da hin? Wenn es darum geht, die Spielregeln fürs Zusammenleben zu definieren, wird von Menschen mit Migrationshintergrund erwartet, dass sie stillschweigen. Egal ob sie Österreicherinnen und Österreicher sind oder nicht. Auch das ist scheinheilig.
Wir haben nach wie vor ein Rassismus-Problem in Österreich. Der Abgang von Andreas Mölzer wird das nicht lösen. Der Diskurs über Rassismus darf sich nicht an den verbalen Provokationen von FPÖ-Politikern orientieren. Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das besonders, aber nicht nur in den Reihen der FPÖ zu finden ist. Wir lösen es nicht, in dem wir es zu einem alleinigen Problem der Rechten machen. Natürlich muss jeder Fall von Rassismus aufgezeigt werden. Die Geschichte hat uns gelehrt, wozu Hetze, das Auseinander-Dividieren von Menschen und Rassentheorien führen können. Umso wichtiger ist es, Menschen zu entlarven, die Kultur sagen und Rasse meinen. Rassismus gedeiht auch unter einem Deckmantel. Doch wer gestern Opfer war, kann sich heute wehren. Betroffene leisten Widerstand, gemeinsam mit NGOs und engagierten Einzelpersonen aus der Mehrheitsgesellschaft. Mehr als 22.000 Menschen unterstützten die vom Autor Michael Köhlmeier eingebrachte Sammelklage gegen Andreas Mölzer. Das ist ein starkes Zeichen. Solche Aktionen sensibilisieren, provozieren und erzeugen Druck. Das hat auch Andreas Mölzer zu spüren bekommen.
Clara Akinyosoye ist Journalistin mit Schwerpunkt auf Migration, Integration, Soziales, ehemalige Chefredakteurin von M-MEDIA.
www.m-media.or.at
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