Werner Leiss hört sich um
Von der verteufelten Mbira, mehrsprachiger Poesie und anatolischen Dancefloor-Exkursionen.
Mit dem Instrument Mbira, einem Lamellophon, sind viele wohl das erste Mal durch die simbabwische Musikerin Stella Chiweshe in Berührung gekommen. Von den Briten wurde die Mbira einst verboten und von der Kirche als Teufelszeug gebrandmarkt. Wer dieses Daumenklavier spielte, hatte es nicht leicht in Simbabwe. Als Frau schon gar nicht, es galt als reines Männerinstrument.
Die aus dem Volk der Shona stammende Chiweshe lernte das Instrument 1966 von ihrem Onkel. Ihr internationales Debütalbum ist nun wiederveröffentlicht worden. „Ambuya!“ erschien 1987. Es hat bis zum heutigen Tage nichts von der ursprünglichen Faszination eingebüßt. Mit Unterstützung der legendären britischen Band 3 Mustaphas 3 entstand dieses Album. Sie steuerten Bass und Drum Kit bei. Produziert wurde das Album von Hijaz Mustapha. Ansonsten flirrt es vor lauter Mbiras, dass es eine Freude ist.
Über 33 Jahre Jahre nach der Erstveröffentlichung erscheint dieses wegweisende Worldmusic-Album auch als Vinyl, zu 100 Prozent aus analogen Tapes geremastert. Zusätzlich ist eine aus vier Tracks bestehende Peel Session aus dem Jahr 1988 enthalten.
Weltmusik meets Poetry Slam. Zuerst verband Sura Solomon, Amber in ‚t Veld und Marieke Werner ihre Leidenschaft für Soziologie, Aktivismus und Kunst. Diese Leidenschaft floss dann immer mehr in ihre ebenso vorhandenen musikalischen Ambitionen und so entstand das Trio Las LLoronas.
Begonnen haben sie als Straßenmusikantinnen in Brüssel. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft und Erfahrung entwickelte sich eine originelle Weltmusik, die sich gelegentlich mit Poetry Slam verbindet. Das Ergebnis: Eine mehrsprachige Poesie mit drei Stimmen, Anklängen von spanischem Folk und Hip-Hop-Rhythmen, Klezmer und Blues.
Insgesamt aber begegnen sich auf ihrem Debütalbum „Soaked“ Gesang, Klarinette, Gitarre, Akkordeon und Ukulele in einem intimen Rahmen, klar und sensibel, manchmal auch melancholisch.
Weiter geht´s. Mit ihrem dritten Album „Yol“ erweitert die in Amsterdam ansässige Band Altin Gün ihr musikalisches Spektrum. Gefeiert wurden sie schon mit ihrer durchaus aufregenden und innovativen Aufarbeitung von anatolischem Rock und der psychedelischen Phase diverser türkischer Musikstile.
Nun geben sie auch noch 80er-Jahre-Synth-Pop dazu und begeben sich auf Dancefloor-Exkursionen. Allerdings wissen sie, was sie da tun. Sie orientieren sich weiterhin an den vielfältigen Traditionen der anatolischen und türkischen Volksmusik. Dass nun auch ein durchaus strukturierter Avant-Pop-Sound Einzug gehalten hat, tut der Sache keinen Abbruch.
Werner Leiss ist Musikkritiker des Südwind-Magazins und Redakteur des „Concerto“, Österreichs Musikmagazin für Jazz, Blues und Worldmusic.
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