Un-Glücksspiel

Von Irmgard Kirchner · · 2012/02

Die Spekulation auf Nahrungsmittel ist derzeit äußerst beliebt unter InvestorInnen. Der Landraub in armen Ländern schreitet fort. Die Lebensmittelpreise fahren Achterbahn. Hunger und Mangelernährung nehmen zu. Banken stellen einen direkten Zusammenhang dieser Phänomene in Abrede. Nicht die Spekulation auf Nahrung sei für die steigenden Lebensmittelpreise verantwortlich, sondern ein zu knappes Angebot, etwa durch Missernten und den Anbau von Agrotreibstoffen, sowie das weltweite Bevölkerungswachstum und der steigende Fleischkonsum in China.

Folgende Thema-Seiten, die wir von unserer Partnerzeitschrift New Internationalist übernommen haben, zeichnen ein anderes Bild. Sie zeigen eine besonders menschenverachtende Seite des Finanzkapitalismus: Das zynische Wetten auf die Lebenschancen armer Menschen und eine neue Spielart des Kolonialismus, im Zuge dessen fruchtbares Land in armen Ländern wie Mosambik oder Sambia unter die Kontrolle westlicher InvestorInnen gerät.

Arme sind von steigenden Lebensmittelpreisen wesentlich stärker betroffen als Reiche. Denn je ärmer ein Haushalt ist, desto größer ist der Anteil des Einkommens, der für Ernährung ausgegeben wird. Die Weltbank schätzt, dass durch die jüngste Erhöhung der Nahrungsmittelpreise etwa 44 Millionen Menschen mehr an Hunger und Armut leiden.

Auch die Kosten für Nahrungmittelhilfe, etwa für Flüchtlinge, sind davon betroffen.

Für die Reichen handelt es sich schlechtestenfalls um eine neue spekulative Blase oder ein schlechtes Investment. In den Industrieländern genießt der Agrarsektor Protektion im sonst befürworteten schrankenlosen Freihandel. Für die armen Bäuerinnen und Bauern in Ländern des Südens gilt das nicht. In meist geheimen Verträgen, die oft illegitime VertreterInnen abschließen, wird ihnen angeblich ungenutztes oder zu wenig genutztes Land weggenommen. Teilweise mit vorgeschobener „Entwicklungsrhetorik“ – es gehe um die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Entwicklung der Landwirtschaft – wird die Ernährungssouveränität lokaler Gemeinschaften zerstört. Die Spekulation der Reichen wird zur Überlebensfrage für die Armen.

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