Der uruguayische Schriftsteller und Historiker Eduardo Galeano veröffentlichte 1971 sein Buch „Die offenen Adern Lateinamerikas“, das schon bald zu einem Klassiker über die 500-jährige Geschichte der Ausbeutung des Kontinents durch die europäischen Kolonialmächte und später die USA wurde.
Mit der Eroberung, Kolonialisierung und Ausbeutung von Amerika, Afrika und Asien begann sich die Weltwirtschaft zu strukturieren. Als eines der grundlegenden Elemente des kapitalistischen Systems festigte sich der Extraktivismus, d.h. die Ausbeutung von Rohstoffen aus der Erde.
Die weltweit steigende Warenproduktion hat in der letzten Zeit einen regelrechten Extraktivismus-Boom herbeigeführt. Neu ist, dass einige Staaten mit fortschrittlichen Regierungen, wie Ecuador, Bolivien und Venezuela, die Mehreinnahmen aus dem Rohstoffexport in soziale Projekte investieren: Gesundheit, Bildung, Altersversorgung usw. Das extraktivistische Ausbeutungsmodell wird jedoch auch von diesen Staaten nicht in Frage gestellt, geschweige denn geändert.
In Frage gestellt wird dieses Modell jedoch von immer mehr zivilgesellschaftlichen Bewegungen, Persönlichkeiten des akademischen und politischen Lebens, VordenkerInnen alternativer Entwürfe, die mit dem Konzept des Buen Vivir, des „Guten Lebens“, sympathisieren. Diese Weltsicht, die einen radikal anderen Umgang mit der Natur und ihren Schätzen propagiert, erfordert ein Modell des Post-Extraktivismus, des geplanten Schrumpfens des Ressourcenabbaus und unseres konsumorientierten Lebensstils. Oder ein Modell der Wachstumsrücknahme, wie es der deutsche Ökonom Niko Paech vorschlägt (siehe Editorial S.3).
Interessant, wie sehr sich das in den südamerikanischen Anden entstandene Konzept des Guten Lebens und das des europäischen Wissenschaftlers Paech in den wichtigen Ansätzen ähneln: in der Subsistenz, den regionalen Wirtschaftskreisläufen, der Genügsamkeit, dem Wohlbefinden ohne Steigerung des Konsums oder des Einkommens usw. Oder auch die in Bhutan gelebte buddhistische Praxis der Zufriedenheit, des individuellen und kollektiven Glücks. Und alle diese Konzepte kommen mit einer minimalen Ausbeutung von Naturressourcen aus.
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