Ttonto, das Fuß-Bier

Von Januarius Sseruwagi und Birgit Englert · · 2001/07

In der Kultur der größten Bevölkerungsgruppe Ugandas, den Baganda, gibt es viele auf traditionelle Art hergestellte Biersorten. Ttonto, gebraut aus Bananen und Sorghum, wird auch als Mwenge Bigere bezeichnet, was „Bier von den Füßen“ bedeutet und sich auf die Herstellungsart bezieht.

Die Prozedur der Herstellung ist aufwendig. Die Bananen werden von den Stauden geschnitten, zerteilt und in der Nähe eines Feuerplatzes oder in der Erde verstaut. Wichtig ist die Wärme des Ortes, an dem die Bananen für cirka eine Woche gelagert werden. Während dieser Zeit wird die zweite wichtige Zutat, der Sorghum, eine Getreideart, geröstet und gemahlen und Essubi, eine Grassorte, die ebenfalls beigemengt wird, geschnitten.

All diese Arbeiten werden hauptsächlich von Frauen und Kindern gemacht. Erst am großen Bierbrautag treten die Männer in Aktion. Sie bereiten eine Holzwanne oder ein Loch in der Erde vor und legen es mit Bananenblättern aus. Dort werden die nun ganz reifen Bananen hineingeleert und zunächst mit den Händen zerrieben. Dazu kommt das Gras, und dann beginnt die Hauptarbeit: das Zerstampfen der Mischung. Die Akteure binden sich Bananenblätter auf die Beine, um sich vor Verletzungen zu schützen und stampfen rund vier Stunden lang ohne Unterbrechung, da das Bier ansonsten schlecht wird. Zahlreiche ZuschauerInnen begleiten die Arbeit mit Gesang und Witzen.

Die zerstampfte Masse wird schließlich aus der Wanne genommen und auf einem siebartigen „Tisch“ ausgebreitet. Dann wird fest gepresst und der Saft rinnt in die Töpfe, die unterhalb der Konstruktion angebracht wurden. Heraus kommt ein reines Konzentrat, das auch zahlreiche Insekten anzieht, die es zu vertreiben gilt.

Gemeinsam mit dem Sorghum wird die Flüssigkeit wieder in die Wanne geschüttet und mit Wasser vermengt. In diesem Stadium ist das Getränk mit Most vergleichbar und wird vor allem von Frauen und Kindern geschätzt.

Um aber den Alkohol zu erzeugen, wird die Wanne luftdicht abgedeckt und zirka drei Tage lang so belassen. Danach wird das Bier in Endeku, Kalebassen, umgeschüttet und sollte in den nächsten zwei Wochen getrunken werden, weil es relativ rasch verdirbt.

Das „traditionell“ gebraute Bier hat eine enorme gesellschaftliche Bedeutung und wird bei Festen aller Art geschätzt.

Bier ist zum Beispiel das wichtigste Geschenk an die zukünftigen Schwiegereltern – ohne Ttonto kommt es nicht zur Hochzeit. Auch bei Begräbnissen und so genannten „last funeral rites“, bei denen die Erbfolge geregelt wird, ist das Bier ein wichtiger Bestandteil der Zeremonie. Und auch bei der Arbeit der traditionellen Heiler spielt es eine große Rolle. Indem diese einen Teil davon auf die Erde schütten, teilen sie es mit den Ahnen.

Vor allem auf dem Land ist Ttonto populär: Ein männlicher Muganda konsumiert pro Tag durchschnittlich drei Liter davon. Frauen sind vom Bierkonsum zwar nicht ausgeschlossen, jedoch trinken die Männer meist deutlich mehr.

Die Einnahmen aus dem Bierverkauf gehen an den Besitzer der Bananenstauden, der seine Mithelfer üblicherweise – wie sollte es anders sein – in Bier bezahlt.

Die Globalisierung hat dazu beigetragen, dass das traditionelle Bier zunehmend als rückständig betrachtet wird und die Leute lieber zum Flaschenbier greifen. Doch auch der ähnlich erzeugte Bananenschnaps macht Ttonto große Konkurrenz – nicht zuletzt deshalb, weil er den Produzenten höhere Einnahmen bringt und die Konsumenten schneller betrunken macht.

Januarius Sseruwagi kommt aus Uganda und studiert Betriebswirtschaftslehre in Wien.

Birgit Englert studiert Afrikanistik in Wien.

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