Das Thema Dark Tourism in der Juni-Ausgabe des Südwind-Magazins machte mich nachdenklich. Sollten wir uns nicht alle mit den Orten unseres eigenen Scheiterns auseinandersetzen und bewusst hinsehen? Hier einige Vorschläge, wohin die persönlichen Trauma-Reisen hingehen könnten, z. B. für Susi, eine sozial engagierte Weltverbesserin:
1. Zum alternativen Sommercamp: Sie hat den Brei in der vegetarischen Basisküche nicht runtergebracht, ging dann heimlich auf einen Mc Burger und wurde gesehen!
2. Ins Schuhgeschäft: Seit Jahren geht sie in ein Geschäft und fragt, warum es hier keine öko-fairen Bioschuhe gibt. Obwohl sie demonstrativ barfuß geht, wurde die Produktlinie nicht geändert.
3. Zum Opernball: Mehrmals versuchte sie dort bereits, durch provokative Äußerungen Aufsehen zu erregen, um dann hinausgeschmissen zu werden. Jedes Mal wurde sie vom Reporter der Zeitung ÖSTERREICH als Industriellengattin ins Blatt gehievt. Mit Foto!
Oder nehmen wir Dieter, Wahlhelfer bei einer rechten Partei. Seine persönlichen Reiseziele des Schreckens:
1. Das Autogeschäft: Nur ausländische Wagen!
2. Die Familienbeihilfen-Behörde: Mehrmals versuchte er dort, Hilfe für die Gründung einer Familie zu erhalten, aber: „Alles Lesben dort!“
3. Die Wahlzelle: Konnte die Namen der Parteien nicht richtig lesen („Demokratie ist immer so kompliziert“), dann dummerweise das Kreuz bei den GRÜNEN gemacht.
Und was sind die Trauma-Orte für mich selbst, für den „Reporter des Wahnsinns“?
1. Die Apotheke in der Tivoligasse: Es gelingt mir seit Jahren nicht, daran vorbeigehen, ohne etwas zu kaufen.
2. Die Lugner-City: Es gelingt mir seit Jahren, daran vorbeizugehen, ohne etwas zu kaufen.
3. Die Schublade: Jahrelang laufe ich gegen das Etikett „liab“ an. Trotz Waffenschein, illegaler Putzfrau und gelegentlichem Fallenlassen von Papierln scheine ich noch immer nicht beim jährlichen „Best of Böse“ des Falter auf. Scheitern wohin man blickt!
Georg Bauernfeind ist Kabarettist und Publizist in Wien. Programm und Termine auf www.georg-bauernfeind.at
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