Gerechter Handel beinhaltet wesentlich mehr als ‚fair trade‘: Er bedeutet zumindest annähernd gerechte wirtschaftliche Austauschbedingungen, bedeutet eine Weltwirtschaftsordnung, die auf partnerschaftliche, für beide Seiten zufriedenstellende Nutzung des Welthandels ausgerichtet ist und nicht auf einseitige Gewinnmaximierung des stärkeren Handelspartners. Erscheint uns diese Forderung heute schon so antiquiert, daß wir sie völlig aus der entwicklungspolitischen Diskussion verabschiedet haben? Hat die Globalisierungsideologie schon so sehr unsere Köpfe durchdrungen, daß sich die Vorstellung von gerechten terms of trade als zentrale Forderung ersatzlos in Nichts aufgelöst hat?
Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit brüstet sich damit, den „fairen Handel“ zu fördern, sprich irgendwelche Organisationen, die in diesem Bereich aktiv sind, ein bißchen zu unterstützen. Bei aller Sympathie und Wertschätzung für diese Form des „gerechten Handels“ – der Vertrieb von organischem Kaffee und von in Frauenkooperativen hergestellten Schafwollpullovern wird immer ein Nischenprogramm bleiben, wird die Strukturen des Welthandels nicht im geringsten verändern. Wäre es nicht besser, wenn die österreichische Regierung in den zuständigen Gremien für eine Verbesserung der internationalen Austauschbedingungen einträte, statt sich mit der Korrektur der gravierendsten Auswüchse des herrschenden Wirtschaftssystems selbst zu befriedigen?
Doch zurück zur eingangs gestellten Frage: Warum pflegt eine Zeitschrift wie der SÜDWIND so beharrlich die Nichtbeachtung dieses Themas? Ist das der entwicklungspolitische Zeitgeist? Hat sich unsere ganze Vorstellungskraft darauf beschränkt, etwa im Rahmen der in Kürze anlaufenden WTO-Verhandlungen die schlimmsten Auswirkungen der globalen Liberalisierung von Handel und Kapitalverkehr zu verhindern?
Die einschlägigen Nichtregierungsorganisationen gehen nicht gerade mit gutem Beispiel voran. Sie scheinen sich widerspruchslos daran gewöhnt zu haben, ihr Potential in Projekten der Armutsbekämpfung zu erschöpfen – auch wenn diese kurzfristig einem winzigen Teil der Bevölkerung das Überleben ermöglichen. Die politische Forderung nach einer grundlegenden Veränderung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist irgendwo im Kampf um die Subventionstöpfe verlorengegangen.
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