Ruedi Debrunner
edition 8, Zürich 2009, 250 Seiten, € 21,-
„Was ich hier erlebe, ist so vielfältig, farbig, heftig, innig, überwältigend, […] so unbeschreiblich, dass es mir nicht möglich ist, es über die digitale Kühle des Internet zu übermitteln.“
Eine Anzeige in einem Schweizer Magazin führt den Musiker Mark Zeller nach Kamerun, wo er in der protestantischen Gemeinde von Bamenda ein bewegtes Jahr als Musiklehrer verbringt. Er gründet einen Posaunenchor, hält Musikstunden und Orgelklassen und ist für die Schulband zuständig. Wir begleiten „Maxella“, wie er fortan genannt wird, auf der Suche nach der genuin afrikanischen Musik, auf der Suche nach Authentizität. Ruedi Debrunner beschreibt eindrucksvoll, wie die Bilder im Kopf, die Zuschreibungen und Vorurteile, in der Konfrontation mit der Realität gleichsam aufgehoben werden. Mark muss sein „naives Traumbild“ vom urwüchsigen Afrika erst verabschieden, um es schließlich doch wieder zu finden. „Im Schatten eines Baumes ein Xylofon. Sein naives Traumbild existierte eben doch, und er war mittendrin. Mark versuchte, glücklich zu sein. Er fühlte sich unsäglich fremd.“
Fragen der Identität, der Zugehörigkeit und des Fremdseins ziehen sich wie ein roter Faden durch den Roman, der die Überschreitung von geographischen, kulturellen und diskursiven Grenzen sowie die damit verbundenen Konflikte und Widersprüche zum Thema macht. Mark findet seinen Platz in der von Religion und Musik erfüllten Gemeinschaft, schließt Freundschaften und verliebt sich schließlich in Lamee, die Informatikstudentin mit der wunderschönen Singstimme. Als Lamee schwanger wird, scheint Mark endgültig angekommen zu sein.
Süssland ist ein intelligentes, diachron erzähltes Buch, das zwei Erzählstränge, nämlich Ankunft und Abreise des Protagonisten, miteinander verknüpft. Als Mark das Frachtschiff Richtung Europa besteigt, das ihn zurück in die Schweiz (nach „Süssland“) bringen wird, weiß er nicht, dass ihn außer seinen Erinnerungen noch etwas anderes begleitet. Debrunner, selbst Musiker, schreibt über Kamerun, wo er vier Jahre lebte, mit viel Detailwissen, Humor und Kritik. Systematisch baut er Bilder vom rückständigen Afrika auf, um sie dann zugleich zu negieren, zu bekräftigen und zu überwinden. Süssland ist auch ein Buch über Nord-Süd-Beziehungen, doch ist oft nicht klar, wer nun eigentlich wem „Entwicklungshilfe“ gibt.
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