Jungen Menschen in Österreich ist der Zustand der Welt alles andere als egal, meint Julia Rainer. Engagement werde aber auch nicht immer leicht gemacht. Nora Holzmann hat die UN-Jugenddelegierte getroffen.
Wer Julia Rainer zuhört, denkt, sie hat zehn Leben. Gerade kommt die 22-jährige UN-Jugenddelegierte von einer Österreich-Tour zurück, in ein paar Tagen geht es nach New York, wo sie drei Wochen lang ihre Ideen bei den Vereinten Nationen einbringen kann. Daneben ist Julia in der Flüchtlingshilfe engagiert. Sie ist auf den Bahnhöfen unterwegs, tauscht sich mit der Muslimischen Jugend aus und plant ein internationales Projekt, um freiwillige HelferInnen mehr ins Rampenlicht zu rücken. Wenn Zeit bleibt, ist da auch noch ihr Doppelstudium – Jus und Internationale Entwicklung. Julia Rainer hat viel zu sagen. Wenn sie über ihre Arbeit und ihr Engagement erzählt, macht sie kaum Pausen, nur ein schneller Schluck Kaffee darf sein zwischendurch. Ernst und konzentriert wirkt sie, gleichzeitig energisch und positiv.
Sie sagt Sätze wie: „Ich bin grundsätzlich Optimistin. Krisen wie die jetzige bringen das Gute in der Gesellschaft ganz stark zum Vorschein.“ Und: „Ideale dürfen nicht nur auf einem UN-Papier stehen, sie müssen auch gelebt werden.“ Auf ihrer Tour durchs Land hat sie verschiedenste Jugendgruppen getroffen und Schulen besucht. Kinder und Jugendliche in Österreich seien ganz stark an globalen Themen interessiert – besonders, wenn sie merkten, was diese konkret mit ihrer Lebenswelt zu tun hätten.
Junge Stimmen für Entwicklung
Julia Rainer ist am 1. Dezember zu Gast bei der von der entwicklungspolitischen Organisation Südwind und der Stadt Wien veranstalteten Tagung „Junge Stimmen für Entwicklung“. Gemeinsam mit internationalen ExpertInnen wird dort diskutiert, was die neuen globalen Ziele (SDGs) für junge Menschen weltweit bedeuten.
Tagung „Junge Stimmen für Entwicklung“: 1. Dezember, 16 Uhr, Wiener Rathaus.
Programm und Anmeldung: www.suedwind-agentur.at/wien
Schule als Schlüssel. Die Wienerin, deren Engagement bei den Pfadfindern begann, hat sich Anfang des Jahres für das Programm der UN-Jugenddelegierten beworben. Mehr brauchte es nicht, um heuer alle in Österreich lebenden Menschen unter 30 Jahren vor der UN-Generalversammlung zu vertreten. Nicht einmal ein Viertel der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen hätten solche Delegierte, sagt Julia bedauernd, da es immer von der Regierung des jeweiligen Landes abhänge, ob das Programm unterstützt wird. Ihren persönlichen Schwerpunkt hat Julia auf die Themen Bildung, Migration und Nachhaltigkeit gelegt. „Was Jugendliche in Österreich stark beschäftigt, sind Fragen zum Klimawandel oder zu Flucht. Hier kann die Schule viel bewegen. Es braucht Plattformen zum Austausch, es braucht mehr politische Bildung“, findet Julia Rainer und erinnert sich an ihre eigene Schulzeit. Projekte wie ein Afrika-Schwerpunkt oder eine Migrationswoche hätten sie sehr beeindruckt. In der internationalen Öffentlichkeit möchte Julia dazu beitragen, dass die Menschen das solidarische Österreich wahrnehmen. Besonders junge Leute seien in der Flüchtlingsfrage außerordentlich engagiert.
Privileg Ehrenamt. Dass viel ehrenamtliches Engagement auch seine Kehrseite haben kann, erlebt die UN-Delegierte am eigenen Leib. Ihre Tätigkeit braucht sehr viel Zeit – und im Gegensatz zu bezahlter Arbeit wird das in Bezug auf ihr Studium nicht berücksichtigt. Sie erhält keine Familienbeihilfe mehr, muss Studiengebühren zahlen. „Ehrenamtliche Arbeit darf kein Privileg sein. Man nimmt ja oft dem Staat viele Aufgaben ab.“ Julia selbst wohnt noch zuhause, arbeitet nebenbei als Ordinationsgehilfin bei einer Ärztin, ab und zu auch als freie Journalistin. An sich selbst hat sie hohe Ansprüche: „Ich frage mich manchmal: Geht das überhaupt, so viele Leute zu vertreten?“ Und es ginge eben immer noch mehr: mehr Treffen, mehr Veranstaltungen, mehr Projekte. Julia weiß, wie wichtig es ist, zwischendurch auch mal abzuschalten. „Ich reise sehr gerne. Und ich nehme Gesangsstunden. Singen macht mir großen Spaß“, sagt sie. Ob Julia Rainer einmal in die Politik gehen wird? Zutrauen würde man es ihr. Aber sie winkt ab. In der Politik müsse man seine Meinungen oft der Parteilinie unterordnen, meint Julia. Junge Menschen scheinen dabei schnell ihre Ideale zu verlieren. „Und ich möchte meine behalten.“
Julia Rainers Blog: www.youthdelegate.at
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