Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, denke ich daran, dass ich mir endlich diesen Aufkleber besorgen muss: BITTE KEIN WERBEMATERIAL! Gleichzeitig kommt sofort der Gedanke, der mir sagt: „Das kannst du nicht machen! Du bist Satiriker, Kabarettist, Reporter des Wahnsinns! Du hast Dich entschieden, als Chronist des Konsumterrors Dein Brot zu verdienen, also musst Du da durch!“ Nehme also den Stapel Werbematerial und Post mit nach oben, schalte den Computer an, der mich sofort mit 127 ungelesenen Emails erschlägt. Ich schalte ab und schau mir dann doch lieber die Post durch.
Und so stolpere ich dann wie der durchschnittliche Konsument durch die Prospekte, vom Biojoghurt über die Öko-Unterwäsche zum „Ja natürlich“-Käse. Bis mir schließlich ein Buch in die Hände fällt, das meine Aufmerksamkeit erregt: Es heißt „Anleitung zum Greenwashing“ – die Südwind-Redaktion bittet mich um eine Rezension. Das ist schnell gemacht Frau Chefredakteurin! Schon der Ankündigungstext verspricht Tipps für Unternehmen: „Wie Sie KonsumentInnen voll abzocken und trotzdem sympathisch rüber kommen.“ Keine Frage: Wer will das nicht? Die Grundthese des Buches: Der Trend zum Ökobewusstsein ist da. Jetzt geht es darum, bei den KonsumentInnen so anzudocken, dass diese glauben, Ölkonzern ist ein anderes Wort für Umweltschutzorganisation.
Daher die Tipps: Verfassen Sie Kündigungsschreiben in Zukunft nur mehr auf Recycling-Papier! Machen Sie der Putzfrau klar, dass sie einen „Green Job“ hat! Gründen Sie ein Gütesiegel, das Sie an sich selbst verleihen! Stiften Sie mit ein paar Freunden einen Preis, den Sie sich dann jährlich untereinander vergeben! Wenn Sie ein Wasserkraftwerk in einem umstrittenen Gebiet bauen, dann schenken Sie der vertriebenen Bevölkerung vorher Energiesparlampen! Wenn die Bevölkerung noch keinen Strom hat, dann halten die Leuchtstoffröhren sicher lange! Verwenden Sie bei der Rodung von Urwäldern nur Biodiesel. Und – was mir nicht unwesentlich erscheint – achten Sie auch in der Unternehmenskultur darauf, dass sich eine „bewusste“ Sprache durchsetzt: Warum kann es nicht auch eine nachhaltige Landesverteidigung geben? Mit grünen Panzern?
Nun – um es kurz zu machen – das ganze Buch hab ich dann doch nicht gelesen. Denn auch wenn ich mich als Kabarettist mit nachhaltigen Themen beschäftige – für Öko-Schmähs fühl ich mich nur bedingt zuständig.
Georg Bauernfeind ist Kabarettist und Publizist in Wien. Programm und Termine auf www.georg-bauernfeind.at
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