"Sparen, sparen, sparen!“ Die derzeitige Sparkampagne ist allseits präsent, aber ich vermute, dass die Initiatoren noch nach sympathischeren Werbeträgern Ausschau halten müssen, um durchschlagenden Erfolg zu verzeichnen. Mit der schrillen Stimme von „Maria-Wir-müssen-sparen-Fekter“ geweckt zu werden, ist nicht für alle Personen der anvisierten Zielgruppe nur angenehm. Abgesehen davon, dass man, angesichts des derzeitigen Kampfes um die Deutungshoheit der Finanzgeschehnisse, die Orientierung verliert, ob Sparen die Lösung oder die Ursache der Krise ist. Was mich an dem Thema aber grundsätzlich interessiert, ist der Aspekt „billig“. Denn wenn alle nur mehr sparen und auf den Preis schauen, dann werden die Fairtrade-Regale verwaisen und Bio-Geschäfte großräumig umschifft werden. Alle wird es in die Warenhäuser der großen Handelsketten ziehen, die anständige WeltverbessererInnen zu meiden haben wie die Pest! Jawohl! Und mit dem ersparten Geld werden dann alle wieder zu den Banken laufen, die damit wieder „Finanzprodukte“ entwickeln, die kein Mensch versteht, aber uns alle in den Abgrund reißen. Weil: Hauptsache billig.
Ich war also begeistert, als ich von einer Diskussionsveranstaltung las: BILLIG – PRO UND KONTRA. Dort staunte ich dann aber sehr über die Argumentationslinien auf beiden Seiten. Auf dem Podium legte sich Ernesto-Che-Sobiesinski voll für die Pro-Billig-Liga ins Zeug: Es gehe darum, auch die unteren Schichten in die Gesellschaft zu integrieren, meinte er. Bevor nicht der letzte Taxifahrer aus Favoriten einen Billigurlaub in der Karibik absolviert hat, wird das nie etwas mit der Klassengleichheit. Jedem Gemeindebau seine Golfanlage! Dem setzte Albin-ich-kauf-nur-in-teuren-Bioläden-Wurzer ein entschiedenes „Naja“ entgegen. Er sei bereit, angemessene Preise zu bezahlen – für einen Fairtrade-PC, für Fairtrade-Urlaube und auch für eine Fairtrade-Partnerschaftsvermittlung. Das Problem: In der Art und Weise, wie er das formuliert, war dann doch zu spüren, dass er ganz froh ist, immer wieder unter seinesgleichen zu sein – vor allem bei einer möglichen Fairtrade-Partnerschaftsvermittlung.
Da saß ich also und hatte schon wieder einmal diese Frage, die mich in letzter Zeit immer öfter heimsucht: Ist es ok, zu manchen Dingen keine Meinung zu haben? Bin ich mitschuldig, wenn ich kein Buch schreibe „So lösen wir die nächsten 100 Krisen!“ Sagen wir so: Vorläufig sehe ich darin meinen Beitrag – zum allgegenwärtigen Sparen.
Georg Bauernfeind ist Kabarettist und Publizist in Wien. Programm und Termine auf www.georg-bauernfeind.at
Berichte aus aller Welt: Lesen Sie das Südwind-Magazin in Print und Online!
Mit einem Förder-Abo finanzieren Sie den ermäßigten Abo-Tarif und ermöglichen so den Zugang zum Südwind-Magazin für mehr Menschen.
Jedes Förder-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.
Mit einem Solidaritäts-Abo unterstützen Sie unabhängigen Qualitätsjournalismus!
Jedes Soli-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.