Sorry, kein Interesse

Von Dominic Johnson · · 2024/Sep-Okt

Die USA sind dabei, Afrika den Rücken zu kehren.

Afrika spielt traditionell in der US-Außenpolitik nur sicherheitspolitisch eine Rolle – also gegenwärtig überhaupt nicht. Russland-Ukraine, Nahost, China lauten die geopolitischen Herausforderungen der Gegenwart, und das schon seit Jahren. Migration und Flucht betreffen die USA anders als Europa nicht in Bezug auf Afrika, sondern aus Lateinamerika. Nur als „Terroristenhorte“ erhalten afrikanische Länder ab und an Aufmerksamkeit.

Ex-US-Präsident Donald Trump setzte seiner eigenen Ignoranz ein Statement und bezeichnete afrikanische Länder seinerzeit als „shithole countries“.

Wettlauf mit China. Der amtierende US-Präsident Joe Biden lud immerhin Ende 2022 afrikanische Staats- und Regierungschefs zum Demokratiegipfel nach Washington. Aber in den acht Jahren Trump und Biden haben die USA ihren Status als wichtigster Handelspartner Afrikas an China abgegeben. Weder Biden noch Trump fanden in ihren Amtszeiten im Weißen Haus den „Schwarzen Kontinent“ auch nur eines Besuchs würdig – seit Barack Obama ist kein US-Präsident mehr in Afrika gewesen.

Die neue Präsidentschaftskandidatin der US-Demokrat:innen, Kamala Harris, war die höchstrangige Afrikabesucherin aus Washington in den vergangenen Jahren. Sie reiste im Frühjahr 2023 nach Ghana, Tansania und Sambia und kündigte die „Partnership for Digital Access in Africa“ an, die Afrikas Inklusion in die globale Digitalisierung vorantreiben soll – natürlich getragen von den großen US-Techkonzernen, aber dennoch wichtig gerade im Wettlauf mit China. Harris hielt sogar eine Rede vor Tausenden begeisterten Student:innen in Ghana.

Was bleibt. Von Bidens Amtszeit dürfte in Afrika aber vor allem das Ende der US-Militärpräsenz auf dem Kontinent in Erinnerung bleiben: der Abzug aus Niger, wo das Pentagon außerhalb der Wüstenstadt Agadez seine größte Drohnenbasis in Afrika unterhielt. Dieses Überbleibsel des „Krieges gegen den Terror“ ist heute in der Ära russlandfreundlicher Militärregierungen in der Sahelzone nicht mehr erwünscht. Dass nun möglicherweise russische Wagner-Kämpfer verlassene US-Militäreinrichtungen übernehmen könnten, ist ein Debakel ähnlichen Ausmaßes wie die Rückkehr der Taliban an die Macht in Afghanistan 2021. Aber es erfährt nicht einmal ansatzweise dieselbe Aufmerksamkeit in Washington.

Dabei steht eine zentrale Entscheidung an: ob die USA ihr Afrika-Handelsgesetz AGOA (African Growth and Opportunity Act) verlängern, das ausgewählten afrikanischen Ländern zollfreien Zugang zu US-Märkten gewährt und das 2025 ausläuft. Die US-Demokrat:innen wollen es beibehalten, ein entsprechender Gesetzentwurf, mit einer Verlängerung bis 2041, liegt im Kongress auf dem Tisch. Die US-Republikaner:innen sind nicht interessiert. Eine Verabschiedung vor den Wahlen im November ist unwahrscheinlich, danach erst recht. Südafrika macht kräftig Lobbyarbeit dafür, aber bislang vergeblich.

Es gibt viel Kritik an AGOA, weil es wie viele afrikapolitische Maßnahmen der USA vor allem US-Exportinteressen begünstigt – aber ein Ende von AGOA ohne Ersatz wäre vor allem eines: das Signal, dass die USA Afrika endgültig den Rücken kehren. Die Autokraten in Moskau und Peking stehen bereit, den Kontinent unter sich aufzuteilen.

privat

Dominic Johnson ist Afrikaredakteur der Tageszeitung Taz und leitet das Auslandsressort.

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