Picus Reportagen. Picus Verlag, Wien 2007, 152 Seiten, € 14,90
In den 17 hier vorliegenden literarischen Reportagen, viele auch in der Süddeutschen Zeitung erschienen, erzählt die Autorin ihre Eindrücke von Indien, welches sie seit 1999 bereist.
In jeder dieser Erzählungen schafft es Karin Steinberger, die Menschen und das Land eindrucksvoll zu vermitteln. Die Themen umspannen ein weites Feld. Sie erzählt, wie das Internet in ein kleines Dorf Einzug hält, von der heiligen Waschung im Ganges, den Arbeitsbedingungen der Rikschafahrer, vom Heiratsmarkt, vom Leben und Sterben am Ganges, ihrer heiligen Mutter, von den Umweltproblemen, den religiösen Unruhen zwischen Muslimen und Hindus, der Anpassung an ein amerikanisches Idealbild, wie ein Dienstmädchen zu einer berühmten Autorin wird, wie sehr die Bauernschaft unter der Globalisierung leidt, die Elefanten aus dem Stadtbild verschwinden, vom größten Banditen Indiens, von der Kultur der Khasi, wo das Matriarchat herrscht, und den Babas, ihren echten und falschen Heiligen.
Während der Lektüre stoßen die LeserInnen immer wieder auf die indischen Mythen und Glaubenssätze, welche das tägliche Leben bestimmen. In der Stadt Allahabad treffen sich dreißig Millionen Menschen zur heiligen Waschung, weil der Herr des Himmels bei seinem Kampf mit den Dämonen um eine Urne voller Nektar der Unsterblichkeit einen Tropfen des Saftes verlor. Dass an diesem heiligen Platz das Wasser völlig verseucht ist, die Menschen ihre Leichen dort verbrennen, ihre Wäsche waschen und ihre Abwässer hineinspülen, spielt dabei keine Rolle. Die Aufgabe, sich um die „Ganga Mata“, die beladene Göttin zu kümmern – dafür sind die Götter zuständig. „Der Fluss liegt nicht im Aufgabenbereich der Menschen“ – auch, wenn im Laufe des Tages dem Wäschejungen die Füße im Fluss zu jucken beginnen und sich ein roter Ausschlag bildet.
Das Buch ist wundervoll. Voller Wissen, Mythologie und poetischer Sprache.