Schlechte Nachrichten

Von Chris Brazier · · 2006/06

Immer noch sterben in Sabtenga Frauen bei der Geburt. Auch deshalb, weil für die Gesundheitsversorgung bezahlt werden muss.

Statistisch betrachtet gibt es in Großbritannien pro 100.000 Lebendgeburten 13 Todesfälle von Müttern. In Burkina Faso sind es 1.000, schätzt das Weltkinderhilfswerk UNICEF: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau in Burkina Faso bei einer Geburt oder an Folgekomplikationen stirbt, beträgt 1:12. Persönliche Berichte bestätigen diese Statistik, leider auf weit herzzerreißendere Weise. Das Erste, was mir Mariama erzählt, nachdem wir uns begrüßt haben, ist schrecklich. „Erinnerst du dich an Memnatu?“ „Natürlich.“ Mariamas erstes Kind, ein quietschvergnügtes neunjähriges Mädchen, als ich sie zum ersten Mal sah. „Sie starb 2000 bei einer Geburt. Es war furchtbar. Wie kann es sein, dass deine eigene Tochter vor dir stirbt?“
Aber es soll noch mehr schlechte Nachrichten geben. Als ich vor zehn Jahren im Dorf war, ließ ich mir das Abendessen von einer Witwe namens Habibu zubereiten, die in der Nähe lebte und das Geld bitter nötig hatte. Sie war stets von einer Atmosphäre der Trauer umgeben, als ob sie der ständige Kampf um das Überleben ihrer Familie deprimieren würde. Als ich sie fragte, was sie sich für die Zukunft wünschte, sagte sie: „Nur dass wir alle gesund bleiben.“ Etwa ein Jahr später hatte sie offenbar wieder geheiratet, was eine Art Fahrkarte in eine sicherere Existenz hätte sein können – aber sie starb an einer Geburt, bevor ein weiteres Jahr vergangen war.

Habibu starb zu Hause an Komplikationen, die während der Geburt auftraten. Hätte sie ihr Kind in der Klinik zur Welt gebracht, hätte sie wohl mit ziemlicher Sicherheit überlebt. In den zehn Jahren, seitdem ich selbst dabei war, wie die Hebammen der Klinik ein Kind zur Welt brachten, war keine einzige Mutter im Gesundheitszentrum gestorben.
Warum, um Himmels Willen, hatte Habibu ihr Kind nicht in der Klinik geboren? Wieder dreht sich alles ums Geld. Wer Geburtshilfe in Anspruch nehmen will, muss eine Gebühr bezahlen, und in einer Subsistenzwirtschaft ist Geld schwer aufzutreiben – es ist sehr verlockend, es allein zu versuchen, besonders für eine Frau wie Habibu, die andere Kinder problemlos zu Hause geboren hat. Wie bei den Schulgebühren: Die Verrücktheit der Situation kann einen zur Verzweiflung treiben.
Der Tod von Habibu, genauso wie der von Falilatu, über deren Geburt ich vor zehn Jahren berichtete und die als Kind an der Malaria starb, verleihen den alltäglichen Tragödien in armen ländlichen Gemeinschaften Namen und Gesichter. Sie unterstreichen, wie wichtig es für ein Dorf ist, über ein aktives Gesundheitszentrum zu verfügen – insbesondere was die Mutter-Kind-Gesundheit betrifft.
Glücklicherweise hat Sabtenga genau eine solche Klinik. Als ich vor 20 Jahren erstmals hierher kam, war die Klinik eben erst gebaut worden, aber kaum mit dem Mindesten ausgestattet. Zehn Jahre später gab es bereits einen Vollzeit-Krankenpfleger und eine Hebamme, auch wenn mehr Personal nötig gewesen wäre; es gab ausreichend Medikamente, und wie gut Mütter und Kinder betreut wurden, war beeindruckend. Mariama hatte damals bereits seit sieben Jahren als Assistentin des Krankenpflegers und der Hebamme gearbeitet.

Ende 2005 sieht die Klinik noch weit besser aus: Sie verfügt über vier Vollzeitbeschäftigte und Mariama, und es gibt eine eigene Schwangerschaftsabteilung, die ich an einem Donnerstag Vormittag besuche. Mütter stehen Schlange, um möglichst früh an der Reihe zu sein, und in den nächsten paar Stunden drängen sich so viele Frauen und Kinder herein, dass man nicht einmal mehr am Boden sitzen kann, geschweige denn auf Sesseln.

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