Die Afrika-Politik der EU ist ein Fail. Wenn Brüssel einen Wandel will, drängt die Zeit.
Bereit fürs EU-Afrika-Bullshit-Bingo? Jetzt werden nach der geschlagenen EU-Wahl die Posten frisch besetzt, neue Programme und Strategien ausgearbeitet. Wir als europäische Bürger:innen können – leider – davon ausgehen, dass sich dabei einiges als leere Worthülsen herausstellt, wenn es um den Nachbarkontinent Afrika geht.
2013 habe ich beim Südwind-Magazin als Afrika-Redakteur angefangen. Seit damals wurde immer wieder betont, wie wichtig beide Nachbarn füreinander seien und dass man jetzt, aber jetzt wirklich, enger zusammenarbeiten wird – auf Augenhöhe!
Zuletzt sprach Ende 2023 EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von einer „für beide Seiten vorteilhaften“ Partnerschaft. Leider geht es Brüssel meist mehr um den Vorteil für die EU-Mitgliedsstaaten.
Zu welchem Preis? Die EU ist der größte Handelspartner der afrikanischen Staaten. Seit Beginn 2024 wird das neue OAKPS-Abkommen angewendet, ein Regelwerk für die Zusammenarbeit mit Subsahara-Afrika. Ein wichtiger Schritt. Und es fließen über diverse Programme und Instrumente EU-Mittel, etwa aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), der für den Zeitraum 2014-2020 über ein Budget von 30,5 Mrd. Euro verfügte.
Doch mehr und mehr wurden die Partner:innenschaften und Abkommen mit Prioritäten aus Brüssel verknüpft: nicht zuletzt mit Terrorbekämpfung und „Migrationsabwehr“.
Ein Beispiel ist der 2023 ausverhandelte sogenannte EU-Tunesien-Pakt, im Rahmen dessen Tunis Finanzhilfen von bis zu 900 Millionen Euro erhalten und im Gegenzug stärker gegen Schlepper und Überfahrten von Migrant:innen vorgehen soll.
Das ist schlicht zynisch: Afrikanische Länder leiden stärker unter den Folgen der Klimakrise und einer neoliberalen Wirtschaftspolitik. Dass deswegen Menschen ihre Heimat verlassen müssen? Damit soll sich Afrika selbst befassen? Und wenn es auch die Unterstützung von Diktatoren und autoritärer Regime dazu benötigt: Hauptsache, die Migrant:innen tauchen nicht am Mittelmeer auf.
Nicht genug. Was die Entscheidungsträger:innen in Brüssel unterschätzen: Viele Menschen in Afrika verstehen, was passiert; und spüren, dass sie auf den Nachbarn nicht genug zählen können.
Und auch afrikanische Regierungen definieren sich heute flexibler und mit mehr Selbstbewusstsein als vor zehn oder 20 Jahren. Wenn es pragmatisch sinnvoll erscheint, gehen sie andere Kooperationen ein, wie man an Chinas und jetzt vor allem Russlands Präsenz sieht.
Die EU darf keine Zeit mehr mit Floskeln verlieren. Die Menschen in Afrika haben mehr verdient! In jedem Fall einen echten Dialog über humane Zugänge zu Migration.
Adieu! Bei der Gelegenheit: Nach erwähntem Anfang als Afrika-Redakteur konnte ich mich beim Südwind-Magazin weiterentwickeln – und ab Herbst 2016 die Chefredaktion leiten. Eine tolle Aufgabe, die ich nun bei einem anderen gesellschaftspolitischen Medium weiterführen werde. Hiermit verabschiede ich mich von allen Leser:innen des Südwind-Magazins. Die Beziehung zwischen Blatt und Unterstützer:innen ist eine ganz besondere. Sie macht diesen weltoffenen Journalismus möglich. Vielen Dank!!
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