Abraham Verghese
Roman. Aus dem Amerikanischen von Silvia Morawetz. Frankfurt am Main, Insel 2009, 772 Seiten, € 25,50
Marion und Shiva Praise Stone kommen im Missionskrankenhaus Missing zur Welt und verbringen ihr Leben dort. Von ihren leiblichen Eltern verlassen, finden sie in Gosh und Hema, beide Ärzte am Spital, liebevolle Ersatzeltern. Während Shiva als ein introvertiertes Genie aufwächst, erlebt Marion eine „normale“ Kindheit. Zusammen bilden sie eine Einheit; am Kopf miteinander verbunden auf die Welt gekommen, wurden sie nur körperlich von einander getrennt. Erst die Beziehung zu ihrer Ziehschwester Genet setzt eine unaufhaltsame Loslösung in Gang, die von der Kindheit bis ins Erwachsenenleben hineinreicht. In Amerika kommt es schlussendlich zu einer Wiedervereinigung. Es ist Schauplatz für die Selbstfindung und Vergebung Marions, der schlussendlich zurück in Äthiopien im Missing seinen Frieden mit sich und der Welt findet.
Wunderbar melancholisch und berührend schildert Abraham Verghese diese Familienerzählung. Er, der selber in Äthiopien aufwuchs und Medizin studierte (er unterrichtet an der Stanford Universität), weiß Fakten und Fiktion gekonnt miteinander zu verknüpfen. Besonders aufschlussreich hierzu ist seine längere Danksagung am Ende des Buches, worin er seine medizinischen und anderweitigen Einflüsse beschreibt.
Das Missing-Krankenhaus wird zur Drehscheibe einer Geschichte, die Spannung und Poesie, Dramatik und Bedächtigkeit vereint. Liebe und Leid wechseln einander mit den Freuden und Klagen jener ab, die im Missing ein Zuhause gefunden haben. Der Roman ist das Porträt vieler Stimmen, die sich auf den einen Ort konzentrieren, mit dem ihr Leben verbunden ist. Als wichtige Botschaft verbleibt, dass jede unserer Handlungen Einfluss auf das Leben aller in sich birgt, denn die Wurzeln des Einen führen zu den Ästen des Anderen.
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