Die Asylpartnerschaft zwischen London und Kigali droht Ruandas Image zu schaden.
Asylsuchende nach Ruanda ausfliegen statt sie nach Großbritannien einreisen und einen Asylantrag stellen zu lassen: das war der Kern der im Dezember 2023 unterzeichneten „Partnerschaft für Migration und wirtschaftliche Entwicklung“ zwischen dem Vereinigten Königreich und Ruanda. Die Regierungen in London und Kigali erhoffen sich beide Vorteile davon. Die britische Seite will den Zustrom jährlich Zehntausender Bootsflüchtlinge aus afrikanischen und asiatischen Ländern, die in Frankreich keinen Schutz finden und bisher im Ärmelkanal von der Küstenwache geborgen und ins britische Asylverfahren eingebracht werden, unterbinden, indem sie die Menschen ohne Verfahren umgehend deportiert. Die ruandische Seite will sich als aufgeschlossener Partner für neue, unkonventionelle Lösungen globaler Migrationsprobleme präsentieren.
Das Projekt ist zum Scheitern verurteilt, denn es stellt einen Bruch internationaler Menschenrechtsverpflichtungen dar, wie europäische und britische Gerichte einhellig festgestellt haben. Es war auch immer nur Symbolpolitik, da Ruanda unmöglich dauerhaft Zehntausende Flüchtlinge aus aller Welt nach europäischem Standard beherbergen kann.
Dominic Johnson ist Afrikaredakteur der Tageszeitung Taz und leitet das Auslandsressort.
Kein einziger Flüchtling ist bisher von Großbritannien nach Ruanda ausgeflogen worden, wohl aber hat die britische Regierung bereits 240 Millionen Pfund (280 Millionen Euro) an Ruanda überwiesen, um die Voraussetzungen zu schaffen – eine erhebliche Summe bei etwa über einer Milliarde Euro Entwicklungshilfe, die Ruanda jedes Jahr erhält. Rückzahlbar ist das Geld nicht.
Passt das ins Bild? Ruanda hat also gut an einer Schnapsidee verdient. Oder? Die Kehrseite davon ist, dass Ruanda international mit einer restriktiven und völkerrechtswidrigen Flüchtlingspolitik assoziiert wird. Die Regierung von Präsident Paul Kagame hat in ihren internationalen Beziehungen eine Konstante: sie will global als Musterland dastehen. Ob beim hohen Frauenanteil in politischen Institutionen, beim Plastikverbot, bei der öffentlichen Ordnung, beim Ausrichten internationaler Konferenzen – Ruanda präsentiert sich gerne als afrikanisches und globales Entwicklungsvorbild. Das positive Image soll Tourist:innen und Investor:innen ins Land locken und damit das Kapital bringen, das Ruanda aus eigener Kraft nicht generieren kann.
Kigali sollte kündigen. Aber die Asylpartnerschaft mit Großbritannien ist das Gegenteil einer vorbildlichen Maßnahme. Mit ihr macht sich Ruanda zu einem Baustein der Festung Europa, zumal auch in Österreich, Deutschland, Dänemark und anderen Ländern konservative und rechtspopulistische Kräfte das „Ruanda-Modell“ zur Nachahmung empfehlen, um Migranten fernzuhalten. So wird Ruanda in progressiven entwicklungsorientierten Kreisen zunehmend kritisch gesehen.
Es läge in Ruandas Interesse, die Partnerschaft mit Großbritannien zu kündigen. Umgesetzt wird sie sowieso nie. Eine Politik zu verfolgen, die den eigenen Ruf ruiniert, ist problematisch genug. Sie nur scheinbar zu verfolgen, während sie den eigenen Ruf ruiniert, ist absurd.
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