„Rebellion als etwas Heiliges“

Von Redaktion · · 2008/10

Die seit Anfang der 1990er Jahre in Wien lebende brasilianische Musikerin Celia Mara ist aus der heimischen Musikszene nicht mehr wegzudenken. Mit ihren letzten zwei CDs gelang ihr der Sprung zum internationalen Erfolg – doch die Resonanz in Österreichs Medien ist äußerst gering. Celia Mara im Gespräch mit Südwind-Redakteur Werner Hörtner.

Südwind: Sie haben ja seit einiger Zeit Probleme mit der Aufenthaltsgenehmigung. Wie schaut das gegenwärtig aus?
Celia Mara:
Ich lebe seit etwa 17 Jahren hier in Österreich. Es galt früher, dass eine Person nach fünf Jahren legalen Aufenthaltes eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung bekommt. Doch Ende 2006 kam dann ein neues Gesetz, dadurch wurde mein Niederlassungsrecht als Künstlerin aufgehoben. Nun ist die Rechtslage unklar. Eigentlich dürfte man mir ein erworbenes Recht nicht wegnehmen, aber wenn ich nun einen neuen brasilianischen Pass ausstellen lasse, dann wird meine Aufenthaltsgenehmigung nicht in diesen übertragen.

Wie geht die Geschichte nun weiter?
Ich habe für mich eine Doppelstaatsbürgerschaft beantragt. Die gibt es zwar im Allgemeinen nicht mehr, außer sie liegt „im Interesse der Republik Österreich“. Und das muss ich nun beweisen! (Lacht.)
Das Ganze ist sehr kompliziert, muss durch den Ministerrat gehen. Bei mir steckt auch eine politische Überlegung dahinter. Ich bin eine brasilianische Künstlerin und lebe seit langem in Österreich. Da ist eine Doppelstaatsbürgerschaft doch das Einzige, was meine Realität, meine zwei Identitäten widerspiegelt. Schließlich bin ich doch eine Brücke zwischen Brasilien und Österreich. Wenn ein Baum Früchte trägt, dann soll man doch nicht seine Äste abschneiden.

Und was ist nun der nächste Schritt?
Warten. Das wird natürlich auch von der neuen Regierung abhängen. Wenn es nach formalen Kriterien ginge, würde ich alle Voraussetzungen erfüllen.

Die EU hat ja kürzlich diese Ausweisungsdirektive erlassen, wonach Lateinamerikaner, die ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in Europa leben, ausgewiesen, in ihre Heimatländer zurückgeschafft werden.
Der europäische Raum ist eine wirtschaftlich führende Macht und muss für die Problematik der Einwanderung eine langfristige Lösung finden.
In Brasiliens Parlament gibt es bereits Abgeordnete, die von den Auslandsbrasilianern gewählt werden und deren Interessen vertreten. Und in Gesprächen mit Deutschland wurde nun erreicht, dass dort geborene Kinder mit einem brasilianischen Elternteil die Doppelstaatsbürgerschaft bekommen können. Das ist ein Weg zur Lösung des Problems. Aber eigentlich kann es nur an der Wurzel angepackt werden, indem Europa den Ländern des Südens zu einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung verhilft.

Ihre neue CD heißt ja Santa Rebeldía, Heiliger Widerstand. Wogegen richtet sich nun dieser Widerstand?
Eine Auflehnung, ein Aufschrei gegen diese egoistische kapitalistische Gesellschaft, gegen diese massive Uniformierung des Individuums. Es muss in einer Gesellschaft Platz für alle geben. Die Rebellion an sich ist für mich schon etwas Heiliges. Eine Gesellschaft muss die Kraft haben zum Kritisieren, zum selbständig Denken, zum Neu-Schaffen. Ich denke mir, da ist die Rebellion sehr wichtig und wird es immer sein. Und solange es keine soziale Gerechtigkeit gibt, ist Rebellion immer noch notwendig, jeden Tag.

Es gibt in Österreich mindestens ein Viertel der Wählerschaft, das auf verhetzende Parolen hereinfällt. Wie, glauben Sie, sollte man diesen Menschen gegenübertreten?
Ja, in diese populistische Falle tappen am ehesten jene Menschen, die am wenigsten in diese Gesellschaft eingebunden sind, von ihr profitieren. Diese Geschichte von den schlimmen Ausländern ist doch so ein großer Blödsinn! Das dient unter anderem dazu, um von den wichtigen gesellschaftlichen Problemen abzulenken. Man muss schauen, dass man diese verhetzten Menschen besser in die Gesellschaft integriert.

Sie haben immer mehr internationalen Erfolg. Wie macht man das, dass man als in Österreich lebende Brasilianerin in die internationale Weltmusik-Szene reinkommt?
Mit meiner vorletzten CD, Bastardista, bin ich in den European World Music Charts auf den siebten Platz gekommen, und dadurch habe ich viel Aufmerksamkeit auf mich gezogen und Einladungen zu großen Festivals erhalten. Mit der neuesten CD will ich in dieser Richtung weitergehen. Ich habe schon Anfragen von supertollen Festivals, wo man sonst nur schwer reinkommt.
Über die CD wird eine Öffentlichkeit geschaffen, man wird im Radio gespielt und dann eingeladen. Und genau das ist ein großes Problem hier in Österreich. Hier gibt es uns im Radio praktisch nicht, außer ab und zu in den Nischenprogrammen von Ö1, wie etwa den „Spielräumen“. Im Ausland werden wir viel häufiger im Radio gespielt.

Bastardista und Santa Rebeldía sind bei Globalista erschienen, Vertrieb Hoanzl. Weitere Infos auf www.celia-mara.net
Nächste Konzerte:
17.10: Jazzcafe Egon, St.Pölten
21.10 – 26.10: New York City (USA)

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