Realpolitikische Lektionen

Von Irmgard Kirchner · · 1999/07

Das Thema „Nachhaltigkeit“ ist zwar in aller Munde, wirklich populär ist es jedoch noch immer nicht.

Was in der vergangen SÜDWIND-Ausgabe begann, wurde Mitte Juni im Wiener Albert-Schweitzer-Haus weitergeführt: die Diskussion um ein „Nachhaltiges Österreich“. Was hat sich in den sieben Jahren seit der UNCED, der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro, in unserem Land in Sachen Nachhaltigkeit getan?

Wir luden zu diesem Thema VertreterInnen aller österreichischer Parteien zu einer Diskussion aufs Podium.

Die schlechte Nachricht zuerst: im Norden nicht viel Neues an Ideen.

Die gute Nachricht (schließlich haben wir entwicklungspolitisch Engagierten in der real existierenden Globalisierung gelernt, uns zu bescheiden): Dem Thema Nachhaltigkeit wird rhetorisch immer noch eine Top-Priorität eingeräumt.

Alfred Gusenbauer, SPÖ-Abgeordneter und Vorsitzender des Entwicklungspolitischen Unterausschusses im Parlament, sieht in der Entschuldungskampagne den innovativsten Vorschlag in Richtung Nachhaltigkeit.

Für Heribert Steinbauer, langjähriger Parlamentarier und jetzt Kommunalpolitiker der ÖVP, beinhaltet der Begriff der Nachhaltigkeit zuviel Status Quo und Beständigkeit. Ein massives Umdenken – vor allem im Konsumverhalten im Alltag -, unterstützt von Verboten und positiven Anreizen, sei vonnöten.

Hans Kronberger, EU-Parlamentarier der FPÖ, fordert die Umstellung aller energetischer Prozesse auf erneuerbare Energieträger. Dieser Forderung schließt sich Thomas Barmüller, Parlamentarier und umweltpolitischer Sprecher des Liberalen Forums, an. Er sieht in diesem Bereich auch Exportchancen in die Dritte Welt für heimische Technologien.

Brigid Weinzinger, Fraktionsobfrau der Grünen im niederösterreichischen Landttag, betont, daß nationale Maßnahmen – unter Ausklammerung der globalen Perspektive – gar nicht nachhaltig sein können.

Gute und altbewährte Ideen am Podium – geäußert an einem nachhaltig denkwürdigen Tag. Just an diesem 16. Juni wurde nämlich im Parlament die Steuerreform beschlossen und damit formell besiegelt, was schon seit Monaten feststeht: Es gibt keine ökologische Steuerreform in Österreich. Gusenbauer erteilte dazu gleich eine Lektion in Sachen „Realpolitik“: Wenige Monate vor Wahlen sei eine ökologische Steuerreform eben nicht durchsetzbar. Daß diese im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung notwendig sei, wurde am Podium mehrmals geäußert und blieb unwidersprochen.

Doch wenn es in der Politik um konkrete Entscheidungen geht, verengt sich der Horizont augenblicklich: räumlich wie zeitlich. Zeitlich auf den Wahlzyklus und räumlich auf die Interessensgruppen im eigenen Land.

Sieben Jahre nach Rio ist der Begriff zwar inflationär in aller Munde. Nachhaltigkeit auch inhaltlich zu einem populären Thema zu machen, ist jedoch bislang nicht gelungen.

INI= Die afrikanische Community in Österreich wurde in den letzten Wochen gleich zweimal tief getroffen: Nach dem Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma schien die medial ausgeschlachtete Razzia gegen afrikanische Drogendealer den tiefsten Vorurteilen gegenüber unseren schwarzen MitbürgerInnen recht zu geben. Wir haben uns dazu in der Szene umgehört (siehe Seite 14 und Seite 32).

Trotz allem wünschen wir Ihnen mit dieser SÜDWIND-Doppelnummer einen schönen, erholsamen Sommer. Das nächste SÜDWIND-Magazin erscheint Ende August.

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