Deon Meyer liebt Herausforderungen. Sie stimulieren ihn. „Sie bringen einen dahin, wo man hin will.“ Der 49-Jährige will hauptberuflich Krimis schreiben. Sein Verlag möchte jährlich ein Buch vorliegen haben. Also hat er die Entscheidung getroffen, seine Beratertätigkeit für BMW aufzugeben. Fünf Jahre hat der frühere Journalist und Rugby-Spieler für die Autofirma in Kapstadt Motorräder vermarktet, einen Produktnamen geschaffen. Web-Seiten kreiert. Doch: „Die Zeiten als Internet-Freak sind vorbei.“
Mit seinen Büchern ist der südafrikanische Autor auf bestem Wege, internationale Bestsellerlisten zu erklimmen. Im vergangenen Jahr ist sein Buch „Das Herz des Jägers“ mit dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet worden, 2004 setzte es die Chicago Tribune auf ihre Hitliste der zehn besten Krimis des Jahres. Sein Roman „Tod im Morgengrauen“ lief 2006 als Fernsehserie im südafrikanischen Fernsehen.
Viel Dramatik, eine frische Sprache, authentische Dialoge und überraschende Verknüpfungen der Charaktere zeichnen das Handwerk des Autors aus, der in seiner Muttersprache Afrikaans schreibt. In „Der Atem des Jägers“ hat Meyer seine drei starken Hauptfiguren aus dem Alltag der Post-Apartheid-Gesellschaft gewählt: Thobela Mpayipheli, ein ehemaliger Befreiungskämpfer, versucht im friedlichen Südafrika wieder Fuß zu fassen. Er entpuppt sich unter Meyers Feder als Rächer, der mit einer traditionellen Lanze jedem auf dem Fersen ist, der Kinder missbraucht. Da ist Benny Griessel, der die schreienden Stimmen in seinem Kopf mit Alkohol ertränkt und der auf Thobela, den „Artemis-Killer“, Jagd macht. Und Christine, die vereinsamte Edel-Prostitutierte und junge Mutter, die Benny als Lockvogel für seine Mörder einsetzt.
Die lebendige Schilderung der Lebensumstände und Gefühle der ProtagonistInnen erzählt viel von den sozialen Problemen in Südafrika, der hohen Gewaltrate, der sexuellen Gewalt und ihren Opfern, die so häufig Kinder sind, sowie von nicht verarbeiteten Schicksalen – Milieuschilderungen, die mit Intensität, Leichtigkeit und zugleich geschickt ineinander verwoben werden. Am Ende bewegen sich Killer und Polizist aufeinander zu, entdecken das Menschliche im Kampf gegen das Böse. Und das genau liegt Meyer nahe, die Identifikation mit den handelnden Personen.
„Ich mochte Thobela schon in der vorherigen Novelle, dem Herz des Jägers, den brauchte ich also auch für dieses Buch“, sagt er. Auch der am persönlichen Seelen-Abgrund hadernde Benny kam schon in „Der traurige Polizist“ vor, Meyers erstem Werk. Vier Romane hat er bisher veröffentlicht, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden. Der fünfte Krimi, „The Invisible“, kommt jetzt in Afrikaans auf den Markt.
Meyer inszeniert seine Stücke vor südafrikanischem Hintergrund, siedelt sie in Kapstadt an. Nicht weil er eine aktuelle Gesellschaftsstudie im Sinn hat. Sondern weil er in diesem – wie er sagt – einzigartigen Land lebt. Südafrikas Schattenseiten aufzuzeigen sei dabei nicht sein Hauptanliegen. Das Land befindet sich noch im Prozess, seine gemeinsame Identität stärker aufzubauen. Das spiegelt sich auch in den Krisen der drei ProtagonistInnen wider, aber das Überwinden von Herausforderungen ist Thema.
Voller Leidenschaft lässt sich der Autor auf seine Figuren ein. Dazu gehören in „Der Atem des Jägers“ die Recherchen unter SexarbeiterInnen in Kapstadt und den PsychologInnen bei deren Interessenvertretung „Sweat“.
Bücher von Deon Meyer in deutscher Übersetzung
Der Atem des Jägers.
Rütten und Löning, Berlin 2007, 428 Seiten, EUR 20,60
Das Herz des Jägers.
Aufbau TB, Berlin 2007, 409 Seiten, EUR 9,20
Tod vor Morgengrauen.
Aufbau TB, Berlin 2006, 570 Seiten, EUR 10,30
Der traurige Polizist.
Aufbau TB, Berlin 2005, 452 Seiten, EUR 10,30
„Der Atem des Jägers“ und „Der traurige Polizist“ gibt es auch als Hörbücher um je EUR 21,50
Der Wahrheitsaspekt, gepaart mit Fiktion, ist ihm wichtig. Für die Glaubwürdigkeit. Auch seine eigenen Vorlieben kommen in den Geschichten zutage: In „Das Herz des Jägers“ führt Thobelas Mission, einem entführten Freund zu helfen, zu einer Jagd durch Südafrikas Halbwüste Karoo Richtung Sambia – auf dem Motorrad. „Ich liebe diese Dinger“, sprudelt Meyer raus. Er hat schon den halben Kontinent auf Geländemaschinen durchquert.
Thobelas Konflikt in „Der Atem des Jägers“, ausgelöst durch den Tod seines Kindes, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen und zu töten – das kam Meyer spontan beim Zeitunglesen. „Ich habe vier Kinder. Bei den vielen Nachrichten über Kindesvergewaltigungen ging mir durch den Kopf, was würde ich an Stelle der Väter tun. Ich bin sicher, ich würde sie umbringen.“
Die nächste Buch-Idee entwickelt er schon in Gedanken. „Es wird wieder eine Benny-Griessel-Story“ verrät Meyer. Der Titel steht schon: Dreizehn Stunden. In denen alles passiert, was er sich gerade ausdenkt.