Notizen zur „Bolivarianischen Revolution“
Verlag Assoziation A, Berlin 2004, 144 Seiten, 31 s/w-Fotos, EUR 13,-
Der deutsche, auf Lateinamerika spezialisierte Schriftsteller und Journalist Raul Zelik besuchte im Jahr 2003 sieben Monate lang gemeinsam mit den Wiener KünstlerInnen Sabine Bitter und Helmut Weber im Rahmen eines internationalen Kulturprojektes Venezuela. Wie der Titel schon verrät, beruht das Buch auf Notizen und Aufnahmen, die die AutorInnen während der Diskussionen und Besuche mit/bei Basisorganisationen im Großraum Caracas gemacht haben.
Mit einer sympathischen Portion Selbstkritik nähert sich Raul Zelik dem Thema, indem er tagebuchartig, zum Teil sehr poetisch, Gespräche weiterspinnt, Stimmungen einfängt, Parallelen zu den politischen Entwicklungen Chiles und Kolumbiens zieht und so eine dichte und differenzierte Collage der heutigen, durch tiefe Risse gekennzeichneten venezolanischen Gesellschaft entstehen lässt.
Doch Vorsicht, diese Art kritischer Liebe zur bolivarianischen Revolution ist äußerst ansteckend! Kaum wendet man sich den sehr authentischen Stimmen der rebellischen Wohnsiedlung „23 de Enero“ in Caracas zu, die etwa von der Nutzlosigkeit rein technischer Lösungen ohne begleitende soziale Prozesse sprechen, hat einen der „Aneignungsprozess von unten“ schon fest in seinen Bann gezogen.
Vielfältige Initiativen wie alternative Fernsehsender, Hausbesetzerversammlungen, Bauernbewegungen, pädagogische Netzwerke, von der Chávez-Regierung gefördert und gebündelt, machen klar, wer die eigentlichen ProtagonistInnen der Revolution sind und lassen gleichzeitig auch die Kontroversen über die Figur des Präsidenten Chávez in den Hintergrund treten. Eine Stärke des Buches liegt auch im Zusammenspiel von städteplanerischem und sozialwissenschaftlichem Zugang: Der Fotoessay von Helmut Weber und Sabine Bitter ergänzt die Texte eindrucksvoll, indem die hauptstädtische Architektur als Abbild der sozialen Herrschaftsverhältnisse aufgezeigt wird.