Meta Dia ist der neue Messias des afrikanischen Reggae. Man darf sogar den Vergleich mit Bob Marley wagen, meint Werner Zips.
Schon nach den ersten Takten der großartigen Cornerstones ist eines klar: Das wird ein Konzertabend der Extraklasse beim Kasumama Festival in Niederösterreich. Die Cornerstones sind die Begleitband von Meta Dia, einem Reggae-Sänger senegalesischer Herkunft, der nicht nur mir als eine der größten Zukunftshoffnungen dieses Genres gilt. Bereits die Zusammensetzung der Band ist Programm.
Die MusikerInnen haben japanische, algerische, israelische, ivorische, senegalesische und jamaikanische Wurzeln. Und stehen damit für eine Einsicht, die in der Gegenwart von so vielen Kräften bekämpft wird: Das Zusammenleben von Menschen mit völlig unterschiedlichen sozialen und historischen Erfahrungen ist möglich. Mehr noch, erst durch das Zusammenwirken auf gleicher Ebene entsteht eine vollendete Schönheit des Ausdrucks, die nur die Vielfalt vermitteln kann.
Das mag sehr pathetisch klingen, scheint mir aber mehr als angemessen, um einen Künstler wie Meta, wie er kurz genannt wird, und seine kongenialen MusikerInnen in wenigen Worten zu charakterisieren.
Friede und Harmonie. Meta auf der Bühne, das bedeutet klare Worte gegen Krieg, Hass, Zwietracht. Nur wenige können die Botschaften der Einheit, Verbundenheit und Liebe so glaubwürdig in einfache Worte fassen, ohne abgedroschen, hoffnungslos naiv und vielleicht sogar peinlich anbiedernd zu wirken. Eigentlich fällt mir im Reggae-Pantheon nur einer ein, selbst wenn sich der Vergleich verbieten mag: Bob Marley.
Mit der Botschaft von „One Love“ stand Marley für den Gedanken der weltweiten Versöhnung. Meta steht für die sehr ähnliche Formel „Peace, Love and Harmony“. Das Besondere daran ist, dass er als Muslim afrikanischer Herkunft die Gleichwertigkeit der Religionen, Hautfarben und Kulturen propagiert. Stark von der jamaikanischen Rastafari-Bewegung beeinflusst, predigt er in seinen Song-Texten und Performances das exakte Gegenteil zum Kampf der Kulturen, nämlich die Einheit der Menschen. Diese überzeugend vorgetragene Botschaft des intra- und interreligiösen Friedens hat heutzutage einen Seltenheitswert, der dem Künstler und seiner Band als Alleinstellungsmerkmal zugute kommt. Das hat viel mit der Herkunft Meta Dias zu tun.
Werner Zips ist Professor am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien. 2015 ist sein neuestes Buch „Hail di Riddim. Reportagen aus dem Reggaeversum“ (Promedia, 240 Seiten, € 19,90) erschienen, das sich unter anderem musikalischen Botschaftern für Frieden und Gerechtigkeit, wie Meta Dia einer ist, widmet.
Er stammt von der Ethnie der Fulani ab, die wesentlich für die Islamisierung (West-)Afrikas verantwortlich war und ist. Als mehr oder weniger nomadische Viehhirten leben sie auf rund 20 afrikanische Staaten verteilt. In Senegal, dem Geburtsland von Meta Dia, gehören die meisten zu einem der sufistischen islamischen Orden, vor allem zur Tidschānīya oder zur Murīdīya.
Musik und Weltanschauung. Meta ist in diesem spirituellen Umfeld aufgewachsen, von der Tradition der ländlichen „Griots“ – Historiker, Poeten und Musiker zugleich – beeinflusst und schließlich in der westafrikanischen Musikmetropole Dakar mit den unterschiedlichsten Musikformen in Kontakt gekommen, vor allem mit kubanischem Son und Salsa sowie Hip Hop. Die damit verbundene Grenzenlosigkeit drückt sich in der „Weltmusik“ eines Youssou N’Dour oder Cheikh Lô ebenso aus wie in der sufistischen Philosophie und Lebensweise der Baye Fall, zu denen die genannten Musiker gehören.
Die Baye Fall formen eine Bewegung innerhalb des Muriden-Ordens, deren AnhängerInnen auch an ihren Dreadlocks erkennbar sind. Sie tragen ihre Weltanschauung gewissermaßen schon am Körper. Mit ihren Flickengewändern wollen sie das „Patchwork“ der menschlichen Familie ausdrücken, die Zusammengehörigkeit der Kulturen, Hautfarben und nicht zuletzt der Religionen. Diese philosophisch-religiöse Überzeugung trägt Meta nunmehr mit ständig wachsendem Erfolg auf die Konzertbühnen der Welt. Mindestens ebenso bedeutsam ist ihre Verbreitung in seiner Herkunftsregion, die immer stärker unter den Druck radikaler islamistischer Gruppierungen gerät.
Bedrückende Armut und schwierigste Lebensbedingungen in der Sahel-Zone und in vielen Staaten Westafrikas tragen dazu bei, dass ein Teil der Jugend anfällig für radikale Gewaltlehren wird. Meta Dia gibt den Gegenstimmen zu jeglicher Form der Gewalt eine künstlerische Gestalt – als Prophet des Friedens.
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