Mit dem Beschluss der Afrika-Strategie legt der Europäische Rat einen gemeinsamen Fahrplan für die Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika fest.
Im Dezember 2005 einigten sich die Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat auf eine gemeinsame Afrika-Strategie. Damit soll in Zukunft die Entwicklungskooperation effizienter geregelt werden, um die Nachbarn im Süden bei der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele zu unterstützen.
Inhaltlich wartet die Strategie mit keinen Neuerungen auf. Alle darin enthaltenen Punkte sind bereits im Afrika-Aktionsplan verankert. Mit diesem Papier reagierten G8 und EU zusammen mit afrikanischen Vertretern 2002 auf wichtige Veränderungen auf dem afrikanischen Kontinent. Dort waren durch die Gründung der Afrikanischen Union (AU) und der Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) hoffnungsvolle Dynamiken in Gang gesetzt worden.
Konkret gliedert sich die Afrika-Strategie der EU in die fünf Themenblöcke: Frieden und Sicherheit; Menschenrechte und Regierungsgewalt; Entwicklungshilfe; Wirtschaftswachstum und Handel sowie Bildung, Gesundheitswesen und die Durchsetzung der Frauenrechte.
Zwar beinhaltet die Strategie wenig mehr als „alten Wein in neuen Schläuchen“. Doch kommt der Nord-Süd-Politik innerhalb der EU durch den Ratsbeschluss nun eine andere Bedeutung zu. Das Engagement der einzelnen EU-Staaten steht erstmals auf einer einheitlichen Grundlage, die entwicklungs-, sicherheits-, wirtschafts- und sozialpolitische Ansätze umfasst.
Notwendig wurde dieser Schritt, nachdem man sich eingestehen musste, dass der Großteil aller bisherigen Bemühungen der Entwicklungszusammenarbeit schlicht versagt hatte. So ist die Zahl der Menschen in Afrika, die mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen muss, in den letzten Jahren sogar gewachsen. Heute sind es 50 Prozent der Bevölkerung. Einige Regionen sind nach wie vor durch Konflikte und chronische Instabilität geprägt.
In der EU-Kommission macht man in erster Linie die bislang fehlende Koordination auf der Geberseite für dieses Versagen verantwortlich. Dieser Mangel führte zu völlig unterschiedlichen Ansätzen und Konzepten seitens verschiedener EU-Institutionen, einzelner Mitgliedsstaaten oder Partnerschaften – eine kontraproduktive Aufsplitterung der Kräfte, die weder Europa und noch viel weniger Afrika nützte.
Ziel des neuen Ansatzes ist eine strategische Partnerschaft von EU und Afrika. Ihre Leitgedanken sind Gleichberechtigung und afrikanische Eigenverantwortung, ausgedrückt im Schlüsselbegriff „ownership“. So will man allen gerechtfertigten oder ungerechtfertigten Sorgen auf Seiten Afrikas, von Europa bevormundet zu werden, gegensteuern. Der Partnerschaft könnte, so die Hoffnung in einem Papier der EU-Kommission, ein offizieller Europa-Afrika-Pakt folgen. Sie erklärt die Entwicklung Afrikas zu einem Thema „ganz oben auf der internationalen politischen Agenda“.
Der Österreichischen EU-Präsidentschaft obliegt es, mit der Umsetzung der Strategie zu beginnen. Ein Auftrag, den man ernst nimmt, wie Staatssekretär Hans Winkler in einer Presseaussendung betont.
Anfang Mai ist das nächste EU-AU-Troika-Ministertreffen in Wien, im Juni tagt ein Ministerrat der AKP-Staaten (Afrika-Karibik-Pazifik) und der EU. Bis zum Troika-Treffen in Wien soll ein Fahrplan für die Umsetzung der Afrikastrategie vorliegen. Was diese nun aber an konkreten Maßnahmen beinhaltet, darüber lässt sich wenig in Erfahrung bringen.
Trotz all der ehrgeizigen Absichtserklärungen liegt in der Praxis der EU-Außenpolitik der Schwerpunkt nicht auf der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika. Zwar verschaffte der britische Premier Tony Blair im Vorjahr u.a. mit seiner Kommission für Afrika dem Thema kräftigen Rückenwind. Nichtregierungsorganisationen wie die britische Oxfam sehen diesen aber schon wieder abflauen: Die für Afrika so wichtigen fairen Handelsbedingungen – freier Zugang zum Markt, Aufhebung der EU-Agrarsubventionen u.a. – oder eine effektive Kontrolle des internationalen Waffenhandels werden weiterhin auf kleiner Flamme gehalten.
Im Dezember 2006 wird eine erste Evaluierung der EU-Afrika-Strategie erfolgen, wenn der Europarat deren Status behandelt. Spätestens dann wird sich zeigen, wie viel der EU tatsächlich an einem „friedlichen, erfolgreichen und demokratischen Afrika“ gelegen ist, wie im Beschluss der Staats- und Regierungschefs zur Afrika-Strategie festgehalten ist.
Tom Spielbüchler ist freier Journalist und Universitätslektor in Salzburg mit dem Forschungsschwerpunkt Konflikte in Afrika.