Hochrangige Regierungsdelegationen aus 60 Staaten Lateinamerikas, der Karibik und Europas geben sich am 11. und 12. Mai in Wien ein Stelldichein.
Im letzten Südwind-Magazin haben wir ausführlich über die Geschichte und den Zustand der Beziehungen zwischen Europa und Lateinamerika/Karibik berichtet. In der zweiten Maiwoche ist es nun soweit, die Staats- und Regierungschefs aus 60 Ländern werden anreisen. Einige haben sich allerdings schon entschuldigen lassen. Präsident Lula aus Brasilien etwa oder Uribe Vélez aus Kolumbien, der sich mitten im Wahlkampf befindet (siehe Titelgeschichte). Mit Begleitung werden es insgesamt 1.500 Menschen sein, die zu diesem 4. Gipfeltreffen der „Strategischen Partnerschaft“ zwischen den beiden Regionen kommen, weiters werden dazu an die 1.500 JournalistInnen erwartet.
Themen am Wiener Gipfel werden u. a. Assoziationsabkommen, Drogen, Terrorismus, Entwicklungszusammenarbeit und Armutsbekämpfung sein. Wobei sich wieder einmal zeigt, dass der europäische Diskurs ein anderer, freundlicherer ist als der der Vereinigten Staaten. Von geteilter Verantwortung ist da die Rede und von alternativer Entwicklung. Oder beim Terrorismus: Hier wird die Notwendigkeit betont, bei der Terrorismusbekämpfung die Gesetze, Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten voll zu respektieren. Ein Seitenhieb auf die USA?
Freihandelsabkommen: Hier ist der Entwurf für die Schlusserklärung von Wien noch sehr vage. Niemand weiß so richtig, weder im Außenministerium noch bei wissenschaftlichen Institutionen, wie nun der aktuelle Stand der Verhandlungen zwischen der EU und dem MERCOSUR, dem gemeinsamen Markt Südamerikas, ist. Die Gespräche waren Ende 2004 erfolglos abgebrochen worden und sollten vergangenen September wieder aufgenommen werden.
Mit Spannung kann erwartet werden, wie sich die VertreterInnen der lateinamerikanischen Linksregierungen am Gipfel verhalten und ob sie genügend Raum erhalten, um neue Initiativen einzubringen. So will Boliviens Präsident Evo Morales, der auch seinen Wasserminister mitnimmt, einen Antrag einbringen, die Wasserversorgung zum Menschenrecht zu erklären und aus den WTO-Verhandlungen herauszunehmen. Und Venezuelas Hugo Chávez wird sich wohl auch in Wien kein Blatt vor den Mund nehmen und seine USA-Beschimpfung fortsetzen – zumindest beim Alternativengipfel, wo er, zusammen mit Morales, am Nachmittag des 13. Mai auftreten wird.
Unklar ist noch, ob Kubas legendärer Revolutionsführer auch nach Wien kommen wird. Beim letzten Gipfel in Mexiko hatte Castro kurz zuvor abgesagt. Aus der kubanischen Botschaft und dem Außenministerium verlautet, dass man bis zum letzten Moment nicht wisse, ob der längstdienende Staatsführer der Welt die Stadt an der Donau besuchen wird.
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