Editorial: Wettlauf mit der Zeit
Die Ölfirmen verzeichnen Rekordgewinne, der Ölpreis erreicht Rekordhöhen. Wer darüber jammert, denkt selten an den wahren Preis des Erdöls: die Kosten an Umwelt und an Menschen. Die Erdölförderung macht riesige Landstriche unbewohnbar, deren BewohnerInnen werden vertrieben, Flora und Fauna zerstört. Die Emissionen bei der Verbrennung fossiler Energieträger schädigen die Erdatmosphäre dauerhaft. Der Zugang zum Erdöl war und ist ein Grund, Kriege zu führen.
Der Erdölverbrauch ist weltweit extrem ungleich. Die BewohnerInnen der USA verbrauchen pro Kopf 45mal mehr Benzin als jene von China.
Die vier großen Erdölkonzerne gehören zu den mächtigsten Unternehmen der Welt.
Der Großteil des Öls wird jedoch von nationalen Unternehmen gefördert, etwa in Saudi-Arabien, in Mexiko, in Venezuela, im Iran Vom Öl profitieren oft nur die Eliten. Negatives Paradebeipiel ist Nigeria. Nicht nur dort, sondern weltweit regt sich der Widerstand der Bevölkerungen in den Fördergebieten. Doch auch in den Entwicklungsländern ist Erdöl derzeit unverzichtbar. Steigende Preise führen in armen Ländern zu ökonomischen Katastrophen.
Auf den folgenden Thema-Seiten, die wir von unserer Partnerzeitschrift New Internationalist in Oxford übernommen haben, wird ein rasches Umdenken gefordert. Das Ölzeitalter nähert sich seinem Ablaufdatum. Doch es hat den Anschein, als müsse das Öl bis zum letzten zähen Tropfen fließen. Ein Umstieg auf erneuerbare Energieträger ist unvermeidbar. Er wird zum Wettlauf mit der Zeit. Und 25 Jahre dauert nach seriösen Schätzungen ein Umstieg der europäischen Energiewirtschaft auf erneuerbare Energieträger.
Erdöl die Tatsachen
Erdöl ist der Lebensnerv der Weltwirtschaft. Ob im Verkehr, in der petrochemischen Industrie oder in der Landwirtschaft, überall ist Erdöl lebenswichtig. Eine Hand voll Konzerne und Produzentenländer kontrollieren die weltweite Erdöl- und Erdgasindustrie, und sie gehören zu den reichsten und mächtigsten Interessengruppen der Welt. Trotz der Gefahr der Erderwärmung geht die Verbrennung fossiler Brennstoffe ungehindert weiter.
Fossile Brennstoffe
Der Verbrauch von Kohle, dem schmutzigsten fossilen Brennstoff, hat im vergangenen Jahrhundert vor allem durch die Errichtung kohlegefeuerter Kraftwerke um das Vierfache zugenommen. Der Erdölverbrauch stieg um das 160fache, und der Erdgaskonsum nahm um das 240fache zu.
Verbrauch fossiler Brennstoffe, 1900 und 1999
(in Millionen Tonnen Erdöläquivalent)
Kohle: 501 (1900) – 2122 (1999)
Erdöl: 18 (1900) – 2940 (1999)
Erdgas: 9 (1900) – 2173 (1999)
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