Innovation bei der Expo 2000: Gearbeitet wird an den Kernfragen einer nachhaltigen Entwicklung. Traditionelles Wissen und westliche Wissenschaft sollen zusammengeführt werden.
Neben der traditionellen Selbstdarstellung der einzelnen Nationen (die erfahrungsgemäß ziemlich anfällig für Folklore und Tourismuswerbung ist) stellt der Themenpark eine EXPO-Neuerung dar: Hier werden Kernfragen einer nachhaltigen Entwicklung – Umwelt, Gesundheit, Ernährung, Energie, Mobilität, Arbeit, Wissen – beleuchtet und Lösungsansätze aus aller Welt „für die Probleme von morgen“ gezeigt.
„Planet of Visions“ und „21. Jahrhundert“ skizzieren vier Weltstädte im Jahr 2030 anhand von persönlichen Biographien. Zum Beispiel die alleinerziehende Mutter dreier Kinder im – bis dahin 23 Millionen EinwohnerInnen zählenden – Săo Paulo: Als Bürgerrechtlerin hat sie mehr soziale Gerechtigkeit erreicht, ihre Kinder wachsen in einer sicheren Stadt mit viel Infrastruktur und wenig Kriminalität auf. In Dakar wiederum reüssiert ein Familienbetrieb in der Textilbranche. Mit bunten Farben und pfiffigen Schnitten mischen die Senegalesen die Modeszene in Paris und Mailand auf.
Weitere Beispiele nachhaltigen Wirtschaftens: In der Dominikanischen Republik nutzt die lokale Bevölkerung den Wald selbst, Wildbienenhonig und Kräuter bilden eine Einkommensalternative zum Kahlschlag. Die „Nebelfänger“ im trockenen Norden Chiles „fischen“ mit großen Netzen Feuchtigkeit aus der Luft: Der Wasserdampf kondensiert an den feinen Fäden und rinnt in Sammelbecken, aus denen ein 350-EinwohnerInnen-Dorf seinen gesamten Trinkwasserbedarf bezieht.
In Namibia werden Landschulen mit Solarenergie versorgt, die South Bronx Stück für Stück ökosozial saniert.
Afrika bekommt eine eigene Ausstellungshalle, in der der „Traum vom grünen Sahel“ ebenso Platz findet wie ein Baobab-Baum, der Geschichten aus der Region erzählt.
Von den rund 120 „Weltweiten Projekten“ des Themenparks kommt gut die Hälfte aus Entwicklungs- und Schwellenländern. 60 arme Länder (LDC) erhalten hierfür finanzielle Unterstützung. Auch indigenen Völkern wird mittels Gratis-Luftfrachtkisten ermöglicht, ihre „Weisheit von der Erde“ einzubringen. Traditionelles Wissen und westliche Wissenschaft sollen zusammengeführt werden, um gemeinsam Antworten auf die Frage nachhaltiger Entwicklung zu finden.
Der „Global Dialogue“, in dem Schlüsselthemen jeweils einen Monat lang abgehandelt werden, rundet den völkerverbindenden Diskussionsprozess ab.
Im „Big Tipi“ schließlich dürfen Jugendliche Zukunftsvisionen entwickeln, die Internationale Frauenuniversität („ifu“) offeriert 300 Stipendien für Süd-AkademikerInnen in den Forschungsbereichen Arbeit, Information, Körper, Migration, Stadt und Wasser.
Christian Felber ist freier Publizist und lebt in Wien.
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