Nicht nur in Indien

Von Irmgard Kirchner · · 2005/09

Hört man den Begriff „Kaste“, denkt man unweigerlich an Indien. Das Kastenwesen ist die dunkle Seite des Riesenstaates, der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt, die wirtschaftlich und technologisch gerade an die Industrieländer aufzuschließen versucht. Als einen „obszönen Gegensatz“ bezeichnet Mari Marcel Thekaekara das Nebeneinander von Kastenwesen und Moderne in Indien (siehe Beitrag Seite 28).
Die UNO definiert Kaste sehr weit als „Diskriminierung auf Grund von Abstammung, Arbeit oder Beschäftigung“. In Indien wird die gesellschaftliche Rangordnung mit dem Hinduismus gerechtfertigt und ist mit der Werteskala rein/unrein verknüpft. Am untersten Ende der sozialen Hierarchie stehen die Dalits, die so genannten „Unberührbaren“. Wer „unrein“ ist, leidet nicht nur unter gesellschaftlichem Ausschluss und Gewalt. Unter den Dalits finden sich die Ärmsten der Armen. Kinderarbeit, Analphabetentum, Schuldknechtschaft, mangelnde Bildung und schlechter Gesundheitszustand sind alltägliche Normalität. Und ein sozialer Aufstieg ist kaum möglich. Gegen das Kastenwesen ist sogar die indische Verfassung machtlos, die eine positive Diskriminierung der Dalits vorsieht.
180 Millionen Dalits leben in Indien. Weitere 60 Millionen Menschen weltweit leiden unter ähnlichen Diskriminierungen.

Das Verstörende am Kastenwesen ist, dass es kaum in Frage gestellt wird. Zu viele Menschen profitieren davon. Das Kastenwesen regelt soziale Beziehungen und gedeiht daher zum Beispiel auch in der Unsicherheit der Emigration.
Auf den folgenden Thema-Seiten, die wir von unserer Partnerzeitschrift New Internationalist übernommen haben, wird das Kastenwesen bar jeder traditionalistischen Verklärung als tief im Denken der Menschen verwurzelte Ungerechtigkeit dargestellt. Eine Ungerechtigkeit, gegen die die Betroffenen anfangen, Widerstand zu leisten. Eine Ungerechtigkeit, die nicht mit Kultur oder Tradition schön geredet werden darf. Das Kastendenken als schier unüberwindbares Entwicklungshindernis ist auf jeden Fall eine Riesenherausforderung für die Entwicklungszusammenarbeit, die in Anspruch nimmt, kultursensitiv vorzugehen.

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