Warum die Aktivitäten des offiziellen Österreich in Afrika enttäuschend sind, argumentiert Stefan Brocza.
Was die Aktivitäten des offiziellen Österreich mit Blick auf den afrikanischen Kontinent angeht, so sind sie mehr als überschaubar. Thematisch dominiert die Darstellung als Krisenkontinent. Dementsprechend lesen sich die offiziellen Unterlagen – etwa der jährliche außenpolitische Bericht – wie eine Aneinanderreihung von Krieg und Terror. Wer sein Afrikabild aus diesen Quellen schöpft, gelangt zur Überzeugung, in Afrika herrsche Gewalt und an allen Ecken lauere die islamistische Bedrohung. Was die Auflistungen von Terroranschlägen, Milizübergriffen oder Gewaltexzessen mit dem österreichischen Engagement in Afrika zu tun hat, bleibt unklar.
Dafür vermeldet der BMEIA-Bericht für das Jahr 2015 voller Stolz, dass Papst Franziskus Uganda besucht habe. Was das wiederum mit den Verdiensten österreichischer DiplomatInnen zu tun habe, wird nicht näher ausgeführt.
Auch was die Aktualität der Informationen angeht, wird man enttäuscht. Ereignisse und Bezugspunkte aus dem Jahr 2014 sind das Aktuellste, was die DiplomatInnen am Minoritenplatz auf ihrer Website anbieten.
Traditionsbewusst. Dafür ist man sich aber seiner langen und ruhmreichen Tradition bewusst. Schließlich wurde ja durch die erste diplomatische Mission des Sultans von Marokko an den Wiener Kaiserhof im Frühjahr 1783 und die damit verbundene Unterzeichnung eines Friedens-, Freundschafts- und Handelsvertrags am 17. April 1783 quasi die Beziehung Österreich-Afrika begründet.
Gleichzeitig wird immer auf die reduzierten Kapazitäten Österreichs verwiesen, wenn man erklären muss, warum es nur fünf Botschaften (Senegal, Nigeria, Äthiopien, Kenia und Südafrika), vier Koordinationsbüros in den Schwerpunktländern der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (Burkina Faso, Uganda, Äthiopien und Mosambik) sowie zwei Außenhandelsstellen in Nigeria und Südafrika (mit Außenstelle in Kenia) in Afrika südlich der Sahara gibt.
Übertreibung. Quasi zum Ausgleich wird aber darauf hingewiesen, dass Österreich dafür sehr aktiv an der Politik der EU gegenüber Afrika teilnimmt und sich dort besonders stark einbringt. Für KennerInnen der Materie klingt das schlicht nach Übertreibung. Bekanntlich hat es seit Jahren kein österreichischer Minister als nötig erachtet, an den halbjährlich stattfindenden EU-Ministerräten mit dem Schwerpunkt Entwicklungspolitik teilzunehmen. Und wenn man das im Juni präsentierte Achtzehnmonatsprogramm des EU-Rates liest, wird die Enttäuschung noch größer. Für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2018 werden lediglich die Post-Cotonou-Verhandlungen angeführt. Alles andere mit Bezug auf Afrika wird bei den Themen illegale Migration, Sicherheit und Terror abgehandelt. Eine allfällige zukunftsweisende, innovative Herangehensweise an den Gesamtkontinent Afrika vermisst man konsequent.
Auch wenn Afrika für die österreichische Wirtschaft nicht von großer Bedeutung ist (2016 sind lediglich zwei Prozent der exportierten Waren und Dienstleistungen nach „Afrika und Ozeanien“ gegangen), sollte man sich von einem der reichsten Länder der Welt doch mehr erwarten dürfen.
Stefan Brocza ist Experte für Europarecht und internationale Beziehungen. Bei den Verhandlungen zum Cotonou-Abkommen war er Desk Officer für den handelspolitischen Teil im Team des EU-Ministerrats.
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