Nach über 25 Jahren soll Österreich ein neues Entwicklungszusammenarbeitsgesetz bekommen. Was soll dieses neue Gesetz leisten? Wir stellten diese Frage* an Außenministerin Benita Ferrero-Waldner und an Elfriede Schachner, die Geschäftsführerin der AGEZ, des Dachverbandes entwicklungspolitischer Organisationen in Österreich.
Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit braucht eine gesicherte Finanzierung auf gesetzlicher Basis: Es geht deshalb um eine Festschreibung der schrittweisen Erhöhung der öffentlichen Ausgaben für EZA auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandproduktes bis zum Jahr 2010.
Das neue Gesetz soll auch zu einer verbesserten Parteienstellung der NGOs führen und ihre Bedeutung anerkennen. Im Sinne eines wohlverstandenen Subsidiaritätsprinzips sehen sich die Entwicklungsorganisationen als Partner der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit, die ihren Anspruch auf Förderungen aus ihrer Erfahrung, Kompetenz und gesellschaftspolitischen Rolle ableiten. Insgesamt ist deshalb für den NGO-Bereich in der bilateralen Programm- und Projekthilfe ein festgelegter Prozentsatz im Budget vorzusehen. Entscheidend für planbare Kooperationen ist die Festlegung von mehrjährigen Finanzierungen von Vorhaben und mehrjährigen Verträgen für NGOs.
Um die derzeitige unbefriedigende Aufsplitterung der Kompetenz zwischen mehreren Ministerien zu beenden, ist eine Zusammenfassung der Kompetenzen und Budgets für die EZA in einem Ministerium sinnvoll.
Das neue Gesetz soll einen jährlichen Rechenschaftsbericht an das Parlament festschreiben, gegliedert nach dem Dreijahresprogramm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ÖEZA) und versehen mit konkreten, vergleichbaren Budgetzahlen.
Eine Entwicklungspolitik, die auf mehr Gerechtigkeit und Partnerschaft abzielt, braucht eine Verankerung in der Öffentlichkeit. Somit ist entwicklungspolitische Informations-, Bildungs-, Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit als integraler Bestandteil von Entwicklungspolitik gesetzlich zu verankern und dafür ein Prozentsatz im Budget festzulegen.
Im Gesetz soll weiters festgelegt sein, dass die AGEZ als Plattform der NGOs in Österreich bei der Auswahl von Schwerpunktländern, der Verfassung von Länder- und Sektorprogrammen und bei der Festlegung von Kompetenzen der Koordinationsbüros der ÖEZA vor Ort ein Mitspracherecht hat
Benita Ferrero-Waldner: Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit bestand ursprünglich in den frühen sechziger Jahren aus einer Vielzahl kleinerer privater, humanitär orientierter Initiativen, häufig aus dem kirchlichen Bereich. Der Staat übernahm in erster Linie eine koordinierende Rolle. Dieser Situation entsprach auch das Entwicklungshilfegesetz aus dem Jahr 1974. Heute, 25 Jahre später, soll ein neues Gesetz einem sowohl in Österreich wie auch in der Welt radikal veränderten Umfeld Rechnung tragen. Die Globalisierung öffnet neue Möglichkeiten, macht aber auch eine Auseinandersetzung mit den gravierenden Problemen der Welt, der steigenden Armut, gewalttätigen Konflikten und einer fortschreitenden Umweltzerstörung, nicht nur zu einem sozialen Gebot, sondern zu einer politischen Notwendigkeit.
Im neuen Gesetz sollen entwicklungspolitische Zielsetzungen und Prinzipien in Entsprechung der von der OECD beschlossenen Entwicklungsstrategie festgeschrieben werden: vor allem Bekämpfung der Armut, Herstellung menschlicher Sicherheit, auch als wichtiger Bestandteil einer Friedensordnung, und globale Erhaltung der Umwelt. Eigenverantwortung und Eignerschaft (Ownership) der Partnerländer, Beachtung ihres soziokulturellen Umfelds und Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Rolle von Frau und Mann sollen als Prinzipien gelten.
Entwicklungszusammenarbeit ist Teil dieser Entwicklungspolitik, die in einem kohärenten Verhältnis zu anderen von Österreich verfolgten Politikbereichen stehen soll. Wichtige Bereiche, wie etwa die entwicklungspolitische Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, welche vom bisherigen Gesetz nicht erwähnt wurden, sollen dabei ausdrücklich genannt werden.
Eine wichtige Neuerung soll eine Bestimmung bringen, die die Rolle der österreichischen NGOs in der Entwicklungszusammenarbeit klarer umschreibt. Auch eine präzisere Definition der verschiedenen Mechanismen der Zusammenarbeit soll dazu beitragen, ein klareres Rollenverständnis für NGOs zu schaffen.
Eine verbesserte Einbindung des Parlaments soll dadurch sichergestellt werden, dass künftig dem Parlament die Dreijahresprogramme übermittelt werden sollen.
Abschließend möchte ich noch unterstreichen, dass es mir sehr wichtig war, sowohl Experten der AGEZ als auch den EZA-Unterausschuss des Parlaments möglichst früh vom Stand der Verhandlungen zu informieren. Diese Verhandlungen sind nun abgeschlossen, und der Gesetzesentwurf wird in den nächsten Tagen in die gesetzlich vorgesehene Begutachtung gehen.
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