Mütter wollen ihre Kinder bei ihren Zukunftsplänen unterstützen – unabhängig davon, ob sie in Somalia oder Österreich leben.
Seit er elf Jahre alt ist, interessiert sich mein Sohn für das Bundesheer oder eine Karriere bei der Polizei. Seitdem kann ich ihm sagen, dass er dafür brav sein muss, bis es soweit ist. Ein gutes Argument aus Elternsicht, gerade in der Pubertät, oder?
Ich denke auch, dass die Disziplin, die junge Menschen in solchen Ausbildungen aufbringen müssen, gut für ihre Entwicklung sein kann. Wenn er später einen sozialen Beruf ergreifen will, können ihm ein paar Monate Bundesheer vorher nicht schaden, finde ich.
Wenn er Soldat oder Polizist wird, wäre mir das auch recht. In Österreich hätte ich keine Angst um ihn. In Somalia schon. Dort ist der Wehrdienst keine Übung, sondern Ernst. Damals, als der Bürgerkrieg tobte, sind die Buben schon mit 13 oder 15 Jahren in den Krieg gezogen. Es gab viele, die mehr Lust auf Abenteuer hatten, als in die Schule zu gehen. Sie wurden von den Milizen angesprochen, ihnen wurde alles Mögliche versprochen, und dann sind sie von zu Hause weggelaufen. Die Mütter konnten das nicht verhindern. Denn: Als Frau kannst du in Somalia nicht über die Männer bestimmen, nicht einmal über die Buben. Die sind frei in ihren Entscheidungen, die Frauen nicht. So werden sie sozialisiert. Zur Mutter gehen Männer nur, wenn sie Hilfe brauchen.
Ich habe meinen Sohn in Österreich anders erzogen, nicht als Somali. Er hat wenig Kontakt zur Community oder zu anderen afrikanischen Gemeinschaften, auch nicht in der Schule. In der Öffentlichkeit sieht er hier kaum Schwarze Polizist:innen, Militärs oder Politiker:innen.
In US-amerikanischen Serien und Filmen schon. Er schaut viele und sein Englisch ist super. Er verfolgt die US-Wahlen und findet Kamala Harris toll.
Und so erkläre ich mir auch, warum er später in die USA gehen und dort vielleicht Polizist werden will. Einer, der gegen Diskriminierung auftritt! Das ist natürlich nicht so sicher, aber sozial. Wie auch immer: Ich unterstütze meine Kinder, denn sie sollen frei sein in ihren Entscheidungen.
Hamdi Hassan ist freie Journalistin sowie Dolmetscherin, Übersetzerin und Gesundheitsmentorin bei verschiedenen Organisationen. Sie kommt aus Somalia und lebt seit 2015 in Österreich, seit 2018 mit ihren zwei Kindern.
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