Es waren vor allem religiöse Missionare wie die radikal evangelikale New Tribes Mission, die sich ab den 1950ern daran machten, die bis dahin unkontaktierten Ayoreos in der Region Gran Chaco im Norden Paraguays aufzuspüren. Sie sahen es als ihre Pflicht, den „Heiden“ die Bibel näher zu bringen und nahmen die fatalen Folgen in Kauf. Beim Erstkontakt im Jahr 1961 starb innerhalb weniger Wochen fast die Hälfte der 200 Menschen wegen fehlender Abwehrkräfte an Masern und Grippe. Wer übrig blieb, lebte fortan unter dem Einfluss der Missionare. Wissen und Kultur, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, waren plötzlich nichts mehr wert.
Lange Zeit waren die Angebote der Missionare die einzige Option für die Ayoreos. Der Staat war nicht in der Lage, mit den Erstkontaktierten umzugehen, unterstützende Institutionen fehlten. Seit ungefähr 20 Jahren emanzipieren sich manche Ayoreos, vor allem aus der Untergruppe der Totobiegosode. Zum Teil werden sie von NGOs unterstützt. Für ein selbstbestimmtes Leben müssen sie das ihnen gesetzlich zugesicherte Land gegen GroßgrundbesitzerInnen, RechtsanwältInnen und korrupte RichterInnen erstreiten, entweder vor Gericht oder durch Protestaktionen, wie eine Straßenblockade im August 2013. Dass nur wenige Ayoreos Spanisch sprechen, erschwert ihren Kampf zusätzlich. Die Zeit drängt, denn die Abholzung des Gran Chaco schreitet immer schneller voran.
Noch immer leben Verwandte der hier porträtierten Menschen im Wald. Man nimmt an, dass es noch etwa 150 unkontaktierte Ayoreos gibt. Ist der Wald weg, dann werden auch sie in das Leben der „Coñones“, der Weißen, übertreten müssen.
Wurden die Lebensmittel knapp, zogen die Ayoreos früher einfach weiter. Jetzt finden sich in der Nähe der Dörfer oft nur noch Tatú bolita (kleine Gürteltiere), die dann am Feuer gegart werden.
Gerald Henzinger, geboren 1976 in Oberösterreich, arbeitet als Fotograf und lässt sich gern von seinen Ideen treiben. 2013 verbrachte er fünf Wochen bei den Ayoreos. Seine Fotografien wurden in verschiedenen Medien wie DATUM, derStandard.at und Die Presse publiziert. www.enlumen.net
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