Tahmima Anam
Roman. Aus dem Englischen von Anna Salmann. Insel Verlag, Berlin 2011, 332 Seiten, € 22,60
Die Autorin Tahmima Anam, eine junge Kosmopolitin, geboren in Bangladesch, erzählt die Auswirkungen des Krieges auf eine Familie. Das Geschwisterpaar Maya und Sohail, als Kinder unzertrennlich, finden nach dem Bangladesch-Krieg 1971 nicht mehr zueinander.
In den Krieg zog Sohail als liberaler Revolutionär. Um den Krieg seelisch zu bewältigen, wird er zu einem frommen Muslim. Maya geht in die entgegengesetzte Richtung. Sie hat durch den Krieg, der im Namen Gottes geführt wurde, den Glauben an die geistliche Welt verloren. Als Frauenärztin verhilft sie den vergewaltigten Frauen, den Kriegstrophäen und angeblichen Revolutionsheldinnen, zu Abtreibungen. Doch ihrer Emanzipation werden Grenzen gesetzt. Die im islamischen Glauben verhaftete Männerwelt bedroht ihr Leben, und so geht sie nach sechs Jahren zurück zu ihrer Familie.
In Rückblenden erzählt die Autorin die Erlebnisse der ProtagonistInnen im dreizehn Jahre zurückliegenden Krieg. Die Auswirkungen der Kriegstraumata sind verheerend. Größter Leidtragender ist Mayas Neffe Zaid, ein sechsjähriger, völlig verwahrloster Junge. Maya reibt sich zwischen ihren eigenen Erlebnissen, ihrer Beziehung zu ihrem Bruder, der Pflege ihrer krebskranken Mutter, der Sorge um ihren Neffen Zaid und ihrem Ziel, das Vergangene nicht vergessen zu lassen, auf. Das Land braucht das Vergessen seiner Bevölkerung, damit aus dem neuen Land ein Staat werden kann. Nach neun Monaten Krieg ist das Land unabhängig. Doch wo bleibt das Glück, das erkämpfte Ziel? Erst Jahre später, 1992, werden die Verbrechen an den Menschen in Bangladesch in einem Volkstribunal angeklagt.
Thanima Anam baut den Roman geschickt auf und schreibt auch fesselnd. Sie beschreibt die Auswirkungen von Extremismus und Intoleranz auf beiden Seiten, zugleich auch die Folgen von Kriegstraumata.
Christine Kohlmayr
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