Mehr Mühlstein als Meilenstein

Von Robert Poth · · 2001/02

Der geplante Schuldenerlass für 22 Länder ist zwar zu begrüßen, aber unzureichend.

Schulden streichen und damit Mittel zur Armutsbekämpfung freisetzen ist das erklärte Ziel der so genannten HIPC-Initiative für hochverschuldete arme Länder. Ursprünglich wurde sie 1996 von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) entwickelt. Insgesamt sollen 41 Länder begünstigt und ihre Schuldenlast von 214 Milliarden US-Dollar um 110 Milliarden reduziert werden. Durch Ausschluss und Verzicht einiger Länder sind derzeit nur noch 91 Milliarden Dollar anvisiert – etwa 3,5 Prozent der Gesamtverschuldung der Entwicklungsländer.
Voraussetzungen sind die Durchführung eines mit dem IWF vereinbarten Reformprogramms und die Vorlage eines Strategiepapiers zur Armutsbekämpfung unter Mitwirkung der Zivilgesellschaft. Per Jahresende 2000 waren die entsprechenden Konditionen für 18 Länder in Afrika südlich der Sahara bzw. vier in Lateinamerika und der Karibik*) ausgehandelt. Ihre Schuldenlast wird sich über die nächsten Jahre um 34 Milliarden US-Dollar verringern – ein „Meilenstein“, so IWF und Weltbank Ende Dezember.

Was dabei unter dem Strich herausschaut, hat Jubilee 2000 errechnet: Eine Reduzierung des jährlichen Schuldendienstes (knapp drei Milliarden US-Dollar) um rund 900 Millionen; das sind etwa 4,5 Dollar pro Kopf frühestens ab 2001, zumeist aber später. Noch dazu dürfte mit Sambia zumindest eines der Länder sogar mehr bezahlen müssen als zuvor. Schuld daran ist vor allem die Weigerung multilateraler Finanzinstitutionen, mehr als etwa ein Drittel ihrer Forderungen abzuschreiben, was mit einer Gefährdung ihrer Bonität begründet wird. Die G-7 (USA, Kanada, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien) haben dagegen zugesagt, auf ihre bilateralen Forderungen gänzlich zu verzichten. Beinahe die Hälfte der langfristigen Verbindlichkeiten der 22 Länder bestanden 1998 jedoch aus multilateralen Schulden. Und woher die zwei Milliarden Dollar kommen sollen, die trotzdem bezahlt werden müssen, bleibt offen. Denn Überschüsse in der Leistungsbilanz (im wesentlichen der Saldo des Waren- und Dienstleistungshandels) erzielen die Länder nicht. Ein Meilenstein? Wohl eher nach wie vor ein Mühlstein.
Allein die Kosten für Vorbeugung und Linderung von Nebenfolgen der Aids-Epidemie in Afrika werden von den Vereinten Nationen auf drei Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt; die Behandlungskosten liegen weit darüber.

*) Benin, Burkina Faso, Gambia, Guinea, Guinea Bissao, Madagaskar, Malawi, Mali, Mauretanien, Niger, Ruanda, Sambia, Săo Tomé und Príncipe, Senegal, Tansania, Uganda bzw. Bolivien, Guyana, Honduras sowie Nicaragua.

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