Wird die Entwicklungszusammenarbeit hierzulande mit den falschen Argumenten beworben?
Jede Bedrohung ist auch eine Herausforderung. Das vergangenen Dezember von Finanzminister Rudolf Edlinger entworfene Sparszenario ist ruinös für die heimische Entwicklungszusammenarbeit. (Und es gibt noch immer kein Licht am Horizont.)
Die betroffenen Organisationen sahen und sehen sich unter Zugzwang, das eigene Tun zu rechtfertigen und zu bewerben. Die entwicklungspolitische Öffentlichkeitsarbeit in Österreich warf sich mächtig ins Zeug. Mit großem Medienecho: Man hörte im Radio, sah im Fernsehen und las in den Tages- und Wochenzeitungen Österreichs von den angedrohten Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit und deren praktischen Auswirkungen.
Man sprach von den Ärmsten der Welt und ihren Lebenschancen, die durch Entwicklungszusammenarbeit verbessert würden. Leser, Hörer und Zuschauerin stellten sich Schulen, Brunnen, Krankenhäuser … vor.
Die Entwicklungszusammenarbeit stellte sich als altruistisches Unternehmen dar: schlecht, wer sie in Frage stellt.
Dabei muß die Entwicklungszusammenarbeit eine breite Diskussion um ihre grundlegende Sinnhaftigkeit nicht scheuen. Denn sie bedient auch Bedürfnisse, die politisch schwerer wiegen, als das Helfenwollen: Egoismus und Eigennutz.
Darüber reden entwicklungspolitische NGOs bekanntermaßen nicht gerne, sie sehen dadurch ihre Identität bedroht. Sie bestehen auf Begriffen wie humanitäre Pflicht, Solidarität, Gerechtigkeit und Frieden.
Die Politik ist da weniger schamhaft. Bei der Präsentation ihres Buches zur Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit (siehe auch Seite 46) betonte Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner, daß es dabei auch um unsere Umwelt, um unsere soziale und politische Stabilität, um unsere eigene Zukunft gehe. Der kürzlich verstorbene große afrikanische Staatsmann Julius Nyerere stellt fest: „Wenn die Hilfe an Entwicklungsländer den Druck zu hoffnungsloser Armut lindern könnte, könnte auch der Migrationsdruck geringer werden.“ Und
Michel Rocard, französischer Ex -Premier und Präsident der Entwicklungskommission im europäischen Parlament, bezeichnet unseren Planeten als Vulkan: Eine aktive und effiziente Entwicklungszusammenarbeit sei daher zuallererst eine „Vorsichtsmaßnahme“.
Die Entwicklungszusammenarbeit braucht die Unterstützung der breiten Öffentlichkeit – insbesondere in politisch unstabilen Zeiten mit Budget-Sparpaketen. Das Engagement für die Entwicklungsländer mit Altruismus und moralischer Verpflichtung zu begründen, ist legitim. Eine Beschränkung auf diese Argumentation ist aber nicht förderlich. Das klare Bekenntnis: „Wir tun es auch für uns!“ verleiht der Entwicklungszusammenarbeit und -politik in der Öffentlichkeit Gewicht.
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P.S.: Wenn Sie sich aktiv gegen die geplanten Budgetkürzungen im Bereich Entwicklungszusammenarbeit engagieren wollen, beachten Sie bitte die Vorlage für ein Protestfax an Bundeskanzler Viktor Klima in der beigehefteten Programmzeitschrift oneworld.print.
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