Die indische Regierung will künftig in Schulen Gratisessen nur noch an jene vergeben, die eine Identifikationskarte vorweisen können.
Ab dem kommenden Sommer will die indische Regierung von über 100 Millionen Kindern die Vorlage eines nationalen Personalausweises (Aadhaar) verlangen, damit diese in der Schule Anspruch auf ein Mittagessen haben.
Aadhaar ist eines der umfangreichsten Systeme zur biometrischen Identifizierung weltweit. 99 Prozent der indischen Erwachsenen, über 0,95 Milliarden Menschen, sind dort registriert.
In einer Presseaussendung verkündete das Ministerium für Entwicklung und Humanressourcen, Kinder an staatlichen Schulen würden künftig nur noch dann ihr Gratisessen bekommen, wenn sie ihre zwölfstellige Aadhaar-Identifikationsnummer angeben können.
Die umstrittene neue Regelung gilt ab Sommer im ganzen Land, ausgenommen sind die Bundesstaaten Jammu & Kaschmir, Meghalaya und Assam.
Die indische Regierung gibt seit 1995 in den meisten Bundesstaaten Gratisessen aus, um einerseits die Anwesenheit der SchülerInnen zu erhöhen und andererseits adäquate Versorgung für potenziell unternährte Kinder aus ärmeren sozialen Schichten zu bieten.
2015 hatte das Höchstgericht entschieden, dass die Regierung den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen nicht an den Besitz einer Aadhaar-Karte koppeln darf. Ein Einspruch dagegen liegt beim Verfassungsgericht. Die Regierung erklärte, die neue Maßnahme sei nötig, um nahtlos Sozialleistungen gewähren zu können.
In den sozialen Medien wurden viele kritische Stimmen laut. Der Regierung sei es offensichtlich wichtiger, ihre Datenbank zu komplettieren als leere Mägen zu füllen, schrieb ein User auf Facebook. Auf Twitter wurde die Maßnahme unter anderem als „orwellesk“ und als „grausamste nebenbei getroffene politische Entscheidung der aktuellen Regierung“ bezeichnet. Einzelne verteidigten die Pläne, etwa als „notwendig, um Löcher zu stopfen“.
Unter der Führung von Premier Narendra Modi hat die indische Regierung schon mehrmals versucht, Aadhaar-Nummern in öffentlichen Schulen, Colleges sowie verschiedenen subventionierten staatlichen Programmen verpflichtend zu machen. Trotz richterlicher Gegenwehr halten sie an dieser Strategie fest und gehen damit auf Konfrontationskurs mit den Gerichten.
Vishal Manve ist ein indischer Journalist mit Fokus auf Gesellschaftsthemen und internationale Politik. Der Text erschien in einer längeren Version und in englischer Sprache auf globalvoices.org
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