Wenn kein Wunder oder Mord geschieht, wird der Gewerkschaftsführer Anfang Jänner in den brasilianischen Präsidentenpalast einziehen.
Im vierten Anlauf gelang es also: Der bärtige Revoluzzer, viele Jahre lang Schreckgespenst des Bürgertums und Todfeind der Oligarchie, wird als Staats- und Regierungschef ab Beginn 2003 die Geschicke des nach Einwohnerzahl fünftgrößten Landes der Welt lenken. Auch wenn, wie wir im letzten SÜDWIND ausgeführt haben, der ehemalige Parade-Linke Luiz Inácio da Silva im Wahlkampf waghalsige Allianzen eingegangen war und heiße Themen wie Auslandsverschuldung und IWF-Kreditauflagen ausgeklammert hatte, wird von Lula dennoch eine progressive Politik erwartet.
Die Hindernisse für eine Politik zugunsten der marginalisierten Bevölkerungsmehrheit sind allerdings immens. Für Gesetzesinitiativen wie eine Agrarreform wird es schwierig sein, im zersplitterten Kongress eine Mehrheit zu finden. Im 513 Sitze umfassenden Parlament wird die Arbeiterpartei (PT) künftig 91 Sitze einnehmen (früher 58), die bisherigen Regierungsparteien PFL und PMDB stellen 84 bzw. 74 Stimmen.
Die Gouverneurswahlen am 6. Oktober haben erst in zwölf Bundesstaaten einen Sieger gebracht (Piaui und Acre gingen an die PT), in den übrigen 17 Staaten fällt die Entscheidung am 27. Oktober in der zweiten Wahlrunde. Die zwei weiteren Linkskandidaten Anthony Garotinho und Ciro Gomes haben bereits angekündigt, im zweiten Durchgang für Lula stimmen zu wollen.
Hinweis: Die österreichische Brasilien-Solidaritätsbewegung hat eine eigene Homepage. Darauf stellen sich die einzelnen Gruppen mit ihrer Arbeit vor, es finden sich aber auch zahlreiche Berichte aus Brasilien und interessante Links: www.geocities.com/brasil_at.
Ergebnisse des ersten
Wahldurchgangs am 6. Oktober (Präsidentschaft):
Luiz Inácio da Silva (PT) 46,4 %
Josè Serra (PSDB) 23,2 %
Anthony Garotinho (PSB) 17,9 %
Ciro Gomes (PPS) 12,0 %
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